Blick zum Kyffhäuser

Blick zum Kyffhäuser

Ehrlich? Acht Jahre ist das schon her? Asche auf unser Haupt. Der Kyffhäuser ist mit knapp 150 Kilometer Anfahrt schon ein Brett für eine Tagestour. Dazu noch weitestgehend ohne Autobahn und mit der anscheinend zur Dauerbaustelle mutierten Bundesstraße 243. Aber was erwartete uns dafür zwischen Hainleite und Windleite? Hunderte, vielleicht tausende Kraniche im lautstarken Suchmodus. Trompetend kreisten sie gefühlte Stunden über uns am Himmel. Aus der Ferne kamen immer neue Trupps in mehr oder weniger geordneten Formationen. Was für eine Begrüßung. Wir hatten es gehofft und an so einem Tag mit den Glücksvögeln kann eigentlich nichts mehr schiefgehen – dachten wir zumindest. Dazu aber später mehr. Eines aber vorweg: Die Badraer Schweiz muss auf jeden Fall erwandert werden und der unten in der Karte abrufbare Track ist von uns vom Anfang bis zum Abzweig an der Teufelskanzel begangen worden und ist begehbar. Wir gingen wegen nicht vorhandener Wege an anderer Stelle aber einen anderen Weg, den ich nicht empfehlen kann. Den Einstieg in den restlichen, von uns nicht gewählten Weg und den Ausstieg in den unseren gibt es aber und ich hoffe, dass es den Rest dazwischen auch noch gibt. Vielleicht gibt es aus anderen Quellen ortskundigerer Leute noch bessere Routen, die dann aber hoffentlich nicht auf den zufällig oder bewusst entfernten Pfaden verlaufen. Die Badraer Schweiz bei Badra hat so viel zu bieten, dass man nicht alles gesehen haben muss. Auch ohne die Begehung des Schlossberges war das ein einmaliges Erlebnis im wanderbaren Grenzgebiet zwischen Thüringen und Sachsen-Anhalt.

Update Anfang April 2021: Gerade bekam ich von einem Wanderer aus Rosdorf bei Göttingen, der in der Badraer Schweiz unterwegs war, den Hinweis, dass der Mitternachtsweg (momentan) wieder gut begehbar ist und ebenfalls die Zuwege zum Schlossberg und zur Osterkippe, von mir fälschlicherweise bisher als Klippe bezeichnet. Zudem sendete er mir Fotos von Küchenschellen und Adonisröschen, die jetzt gerade im Gebiet blühen. Danke dafür und für alle, die gerade die Zeit und die Möglichkeit haben, gilt: Nichts wie hin…

Nur wenige Marker finden sich dieses Mal auf der Karte. Die Badraer Schweiz und ihr Umfeld punkten nicht mit Großsehenswürdigkeiten, sondern in erster Linie mit Landschaftserlebnissen der besonderen Art, von denen man im Oktober allerdings eher weniger mitbekommt. Aber dieses Mal waren wir noch einmal in erster Linie wegen der Kraniche gekommen und die Landschaft offenbarte trotzdem ihre herbstlichen Reize. Start war für uns der kleine Parkplatz an der Landstraße 1040, für den es auf dieser Tour kaum eine Alternative gibt. Der etwas verkrautete Weg, an einigen Stellen mit verblassenden Wandermarkierungen versehen, führt uns direkt in das Naturschutzgebiet Schlossberg-Solwiesen, das wir heute nur kurz verlassen. Die Hänge links und rechts, soweit durch die aufstrebenden Bäume noch erkennbar, zeigen bereits den Charakter der vor uns liegenden Gipskarstlandschaft. Der wanderbare Karstwanderweg durch das Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz verläuft etliche Kilometer weiter nördlich. Vielleicht wäre es an der Zeit, Gebiete wie zum Beispiel die Badraer Schweiz als externe Rundwanderungen mit in den Fernwanderweg aufzunehmen. Ein paar hundert Meter geht es durch das urige Tal, bis wir die Freifläche an der Osterkippe erreichen. Der Wald öffnet sich und gibt eine Landschaft preis, die auf den ersten Blick fasziniert.

Blick zum Schlossberg

Blick zum Schlossberg

Ein paar weitere Meter noch durch die unübersehbar karstige Landschaft, die hier von Sträuchern, Birken und Kiefern dominiert wird, dann erreichen wir den Aussichtspunkt an der Osterkippe und damit bereits eines der schönsten Fleckchen des Tages. Von der Osterkippe hat man einen fantastischen Blick auf den Stausee Kelbra und die weitere Umgebung zwischen den beiden sagenumwoben schönen Gebirgen Harz und Kyffhäuser. Zur rechten Zeit herrscht reger Flugverkehr und die Laute der Kraniche, Gänse und anderer “Wasservögel” sind Musik in den Ohren. Gerade die Rufe der Kraniche künden im Herbst von Abschied und im Frühling von Wiedersehen. Rechts von uns liegt der Kyffhäuser, der kleine Bruder des Harzes mit dem Kyffhäuser-Denkmal in der ehemaligen Reichsburg Kyffhausen. Unter uns am südlichen Rand des Sees sind die Überreste der ehemaligen Domäne Numburg zu sehen, die bei Niedrigwasser aus dem See ragen. 1965 wurden diese Teile des Gutes im Rahmen der Anlage des Stausees bis auf die Fundamente abgetragen. Nach dem ausgedehnten Genuss der Aussicht geht es auf schmalem Weg hinab zum Stausee. Bereits hier ist der Pfad teilweise nicht mehr leicht erkennbar und Orientierungssinn und/oder GPS erweisen sich als durchaus nützlich. Aber was für ein wunderbarer Pfad. Links die von Birken bestandenen Gipsfelsen, rechts der aufragende Schlossberg und vor uns öffnet sich das kleine Tal zum Stausee. Dazu begleiten uns zur rechten Zeit die je nach Jahreszeit von Heimkehr oder Abschied kündende Musik der Kraniche. Unten angekommen, liegen rechter Hand von uns die letzten Gebäude der ehemaligen Domäne Numburg. In einem befindet sich die Naturschutzstation des NABU Nordhausen.

Vor uns erstreckt sich der See mit den bei Niedrigwasser auftauchenden Fundamentresten der anderen Gebäude der Domäne. Links von uns an einem Gipsfelsen befindet sich ein unscheinbarer Deckel, der den Eingang zur Numburg-Höhle sichert, die vor Jahren zur Erkundung trockengelegt wurde, mittlerweile aber wieder geflutet ist. Dahinter verbirgt sich die größte Höhle des Kyffhäusergebiets, deren Dome teilweise größer sind als der Große Dom der Heimkehle. Von den Überresten der im 12. Jahrhundert errichteten Numburg ist von hier unten nichts zu sehen. Auf den Schlossberg selbst sind wir leider nicht gekommen. Dazu später mehr. Am Seerand entlang gehen wir zur relativ neuen Vogelbeobachtungsstation, an der man nicht nur beobachten, sondern auch eine überdachte Rast einlegen kann. Links liegt die hügelige Badraer Schweiz mit ihrer schönen Landschaft, rechts befinden sich die zu den Solwiesen gehörenden Teile des Naturschutzgebietes Schlossberg-Solwiesen. An der Solquelle, die für den hohen Salzgehalt der Wiesen verantwortlich ist und deren Wasser künstlich um den Stausee herumgeleitet wird, ist ein kleiner Felseinschnitt. Hier befinden sich Rastplätze, jede Menge Infos zu allen Aspekten der Umgebung auf mehreren Informationstafeln und hier steht auch die mächtige Taternlinde, die als Naturdenkmal ausgewiesen ist. Ein hier auf der OpenStreetMap eingezeichneter Weg ist nicht mehr erkennbar, darum ging es für uns von hier ein Stück zurück zu einem aber ebenfalls herrlichen Weg. Der führt uns an der Ostflanke des Schlossberges durch die hügelige und aussichtsreiche Landschaft. Das war für mich der vielleicht schönste Wegabschnitt des Tages. Ein von Sträuchern, Bäumen und dem anstehenden Gipsgestein geprägte Landschaft, die immer wieder beim Rückblick eine prächtige Aussicht zum Stausee offenbart.

Gipskarstlandschaft Badraer Schweiz

Auch wenn sich der Karstwanderweg ungefähr zehn Kilometer weiter nördlich befindet, ist auch die Badraer Schweiz eindeutig als eine Gipskarstlandschaft erkennbar. Das Naturschutzgebiet Schlossberg-Solwiesen erfasst einen guten Teil dieser Landschaft und schützt im südlichen Teil verschiedene Trockenstandorte und naturnahe Wälder, im nördlichen Teil große Feucht- und Auwiesenbereiche sowie den Uferbereich und einen Teil der Wasserfläche des Stausees Kelbra. Durch extensive Nutzung hat sich eine Vielzahl von Biotopen erhalten, wie zum Beispiel Halbtrockenrasen und Felsfluren. Durch die Auswaschung des Untergrundes entstanden zum Beispiel Dolinen und Erdfälle, die ebenfalls prägend sind für die Landschaft. Die Salzwiesen, die mittlerweile durch Heckrinder freigehalten werden, sollen wieder als potenzielle Heimat für Wiesenbrüter etabliert werden. Die Trockenrasengebiete der Badraer Schweiz sind Heimat für viele auch seltene Tier- und Pflanzenarten. Zu den Besonderheiten der Flora zählen zum Beispiel Orchideen, mehrere Enzianarten und das Frühlings-Adonisröschen.

Der Weg, der uns jetzt wieder mitten in die Badraer Schweiz führt, ist auf der OpenStreetMap als Naturlehrpfad betitelt, er ist aber weder ausgeschildert noch mit Infos versehen. Dafür ist er absolut spitzenmäßig wanderbar und eröffnet alles, was diese Landschaft zu bieten hat. Zwischen Feld und Sträucherhecken fängt es an und geht dann über ebenfalls strauchgesäumte Wiesen weiter. Der Rückblick über diese Landschaft reicht hinunter zum Stausee Kelbra. Wir sind uns nicht hundertprozentig sicher, aber wahrscheinlich hatten wir hier auch unser erstes Erlebnis mit einem Seeadler. Ich schaute nach oben und dachte zuerst, dass sich eine Krähe und ein Milan einen Luftkampf lieferten. Bei näherer Betrachtung war aber der kleinere Vogel eindeutig ein Milan und der andere wesentlich größer. Vielleicht auch ein Fischadler, aber auf jeden Fall ein tolles Erlebnis aus nächster Nähe. Über eine Freifläche, auch der Weg, der an der Schutzhütte entlang führen soll, ist verschwunden, geht es weiter hinauf. Das ist einfach ein nicht alltägliches Landschaftserlebnis. Kurz vorm Ort Badra geht es nach links. Ein grüner Grasweg führt uns zu einem Aussichtsplatz in parkähnlicher Umgebung am Eckertsberg. Dann geht es ein Stück zurück zum oberen Ende des Kleinen Heutals.

Fantastische Landschaft

Fantastische Landschaft

Unser Plan war es, das Kleine Heutal hinabzugehen und dann auf den eingezeichneten Wegen zum Schlossberg mit den Resten der Numburg aufzusteigen. Diese Wege waren komplett verschwunden. Also zurück zu einem weiter oben gelegenen Weg, der uns zumindest zum Mitternachtsweg bringen sollte. Diesen am Anfang noch erkennbaren Weg nahmen wir, er verschwand dann allerdings auch. Wir bissen in den sauren Apfel und schlugen uns die letzten Meter zum Mitternachtsweg durch, der allerdings ebenfalls ziemlich verkrautet daherkam. Die Wege, von denen ich mit Sicherheit sagen kann, dass sie auch aufgrund des Naturschutzstatus nicht mehr begehbar sind bzw. begangen werden sollten, habe ich bei OpenStreetMap entfernt. Langer Rede, kurzer Sinn: Der Weg von der Bank oberhalb des Kleinen Heutals bis zu dem Weg südlich der Osterkippe ist von uns nicht begangen worden. Hier haben wir aber den Ein- und Ausstieg zu dem von uns gegangenen Weg gesehen und die Beschaffenheit des Ein- und Ausstiegs lässt hoffen, dass man hier problemlos durchkommt. Darauf deutet auch hin, dass hier auf den Karten zwei Schutzhütten eingezeichnet sind. Es ist wirklich schade, dass doch etliche Wege nicht mehr wirklich vorhanden sind. Das landschaftliche Erlebnis der Badraer Schweiz ist aber dermaßen hoch, dass es unumgänglich ist, sie zu erwandern. Sollte das Unterfangen also gelingen, geht es auf ebenfalls freundlichen Wegen zurück zur Osterkippe und dann auf demselben Weg zurück zum Ausgangspunkt.

Update Anfang April 2021: Gerade bekam ich von einem Wanderer aus Rosdorf bei Göttingen, der in der Badraer Schweiz unterwegs war, den Hinweis, dass der Mitternachtsweg (momentan) wieder gut begehbar ist und ebenfalls die Zuwege zum Schlossberg und zur Osterkippe, von mir fälschlicherweise bisher als Klippe bezeichnet. Zudem sendete er mir Fotos von Küchenschellen und Adonisröschen, die jetzt gerade im Gebiet blühen. Danke dafür und für alle, die gerade die Zeit und die Möglichkeit haben, gilt: Nichts wie hin…

 

Am Ende eines Tages...

Ein recht kurzer Beitrag dieses Mal, auch dem Umstand geschuldet, dass unsere Begehung wieder einige Tage her ist. Die Schönheit der Landschaft hallt aber immer noch nach und auch beim Schreiben des Beitrags wurde ich von schönen Erinnerungen durchflutet. Die Gipskarstlandschaft hat unglaublich viel zu bieten. Der Karstwanderweg deckt schon wesentliche Teile der Landschaft ab, aber gerade im östlichen Teil gibt es durch den “einspurigen” Verlauf des Weges auch abseits noch viel mehr zu entdecken, wie eben die Badraer Schweiz. Kulturell ist hier sowieso die Hölle los. Für den nächsten längeren Wanderurlaub haben wir schon ein Häuschen am Kyffhäuser ins Auge gefasst, um von hier aus die nähere und auch die weitere Umgebung “abzugrasen”. Teilweise kennen wir sie schon, teilweise aber auch noch nicht. Höhenzüge wie der Kyffhäuser, die Hainleite, die Windleite oder die Hohe Schrecke bieten viel Spielraum zum Wandern. Orte wie Bendeleben, Bad Frankenhausen, Tilleda oder Sondershausen laden zum Erkunden ein. Das südliche Harzvorland hat insgesamt gesehen ebenso viel zu bieten wie das nördliche Harzvorland und der Harz selbst. Die unglaubliche Vielschichtigkeit macht den Harz mit den vorgelagerten Landschaften für mich immer wieder zum vielleicht abwechslungsreichsten Gebirge unserer Heimat…

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