Der Kyffhäuser – kleiner Bruder des Harzes – kleinstes Mittelgebirge Deutschlands – von Sagen und Mythen umrankt. Trotz der für uns immensen Entfernung von 160 Kilometern waren wir gefühlt schon hundert Mal hier. Um die nähere und weitere Umgebung etwas entspannter genießen zu können, waren wir nach dem Mai 2020 im April 2023 zum zweiten Mal im Ferienhausgebiet Hüfler. Beim ersten Mal waren wir im Haus Hüfler 59, dieses Mal probierten wir das Ferienhaus am Kyffhäuser, das etwas weiter unten gelegen war. Ersteres ist etwas kleiner, dafür etwas günstiger, liegt direkt an der Gaststätte und hat die einfachere Zufahrt. Im Grunde fanden wir beide gleich gut und sie waren auch beide super für einen Aufenthalt von bis zu einer Woche. Das Wetter im März am Rhein war durchwachsen und auch im April war es südlich des Harzes nicht viel besser. Lediglich die etwas weiter entfernte Tour in den ebenfalls sagenumwobenen Hörselbergen bei Eisenach brachte uns ein wenig Sonnenschein. Am ersten Tag ging es aber in den Kyffhäuser beziehungsweise an dessen südlichen Rand. Zwischen Bad Frankenhausen und dem Stausee Kelbra findet man eine der faszinierendsten Landschaften Deutschlands. Überall am Rand des Kyffhäuser sieht man die wunderschönen Karsthügel, von denen man die meisten allerdings aus Naturschutzgründen nur aus der Ferne erleben darf. Hier gibt es besonders viele seltene Pflanzen und Tiere zu sehen. Der Kyffhäuser mit seinen teils nur hier vorkommenden Steppenbewohnern ist ein Hotspot der Diversität.

Wir starteten bislang immer von einer kleinen Parknische, in die auch nur ein oder zwei Autos passen. Selbstverständlich kann man auch an der Barbarossahöhle parken und dort einen kleinen Obolus entrichten. Dann sollte man aber wegen der Erlebnisse des Weges eher entgegen dem Uhrzeigersinn gehen. Ich weiß nicht, wie es bei euch ist, aber meistens gehen wir im Uhrzeigersinn und ich lege den Startpunkt so, dass wir eventuell auftretende Durststrecken eher am Anfang hinter uns bringen. Woher das kommt, darüber habe ich noch nie nachgedacht und ich denke, das wäre wohl auch zwecklos. Wir überqueren die recht stark befahrene Rottlebener Straße und kommen zur Gelben Brücke an der Kleinen Wipper und zum Unstrut-Werra-Radweg. Zwei herrliche Flusstäler mit herrlichen Wanderlandschaften werden durch diesen Radweg für Biker miteinander verbunden. Direkt am Einstieg in den Radweg steht eine der tollen Wanderhütten oder überdachten Rastplätze, die für uns immer wieder, neben den ebenso genialen Bratwurstbuden und natürlich auch den wunderbaren Landschaften, als Marker dafür stehen, dass wir uns jetzt in Thüringen befinden. Ebenso fanden wir im Gras neben dem Weg etliche Weinberg-Tulpen, die im Freiland sehr selten zu finden sind. Vielleicht sind sie aber auch aus den angrenzenden Gartengrundstücken entkommen. In früheren Zeiten gab es aber auch hier bei Bad Frankenhausen einen regen Weinbau. Weitere Informationen dazu weiter unten in der Box.

Der Kyffhäuser

Der Kyffhäuser

Der Kyffhäuser hat einen klangvollen Namen und auch abseits von Mythen und Großsehenswürdigkeiten, wie der Reichsburg Kyffhausen mit dem Barbarossa-Denkmal oder der Barbarossahöhle, hat das kleine, aber feine Gebirge viel zu bieten. Ein Besuch des Stausees Kelbra ist im Frühling oder Herbst ein Muss wegen der Kraniche, die man aber auch viele Kilometer entfernt noch hören kann. Die Badraer Schweiz ist landschaftlich und botanisch eine Sensation. Die Landschaft rund um das weltberühmte Panorama-Museum Bad Frankenhausen ist höchst spannend und wanderbar. Das Streuobstzentrum Tilleda ist längst kein Geheimtipp mehr, eine Wanderung von hier zum Kyffhäuser-Denkmal ist ein Knaller. Den Kippenberg und die Ochsenburg bei Steinthalleben kann man wenigstens teilweise erkunden und etwas mehr aus der Nähe betrachten. Neben der Reichsburg Kyffhausen gibt es noch die ebenfalls sehr sehenswerte Rothenburg, die leider mittlerweile, in meinem Verständnis illegalerweise, an eine Privatperson verkauft wurde. Es wird wohl noch etliches geben, das man im Kyffhäuser abseits der großen Sehenswürdigkeiten entdecken kann.

Ein Stück des Weges ist, dem Radweg geschuldet, asphaltiert. Der Radweg knickt dann aber ab und der Weg wird besser für uns Wanderer. Es ist schön hier an der Kleinen Wipper, deren frühere Bedeutung man ohne nähere Recherche nicht erkennen kann. Sie ist ein künstlich angelegter Nebenarm der Wipper, der Wasser zur Wasserkunst der Saline Bad Frankenhausen transportierte. Da die Wasserkunst bereits im 14. Jahrhundert existierte, wird angenommen, dass es damals auch schon die Kleine Wipper gab, die damit die älteste durchgängig in Betrieb befindliche wasserbauliche Anlage in Deutschland wäre. Sie zweigt bei Göllingen von der Wipper ab, fließt zuerst nördlich nach Bendeleben, dann zur Barbarossahöhle und schließlich nach Bad Frankenhausen und darüber hinaus. Um den Hanfenberg zwischen Göllingen und Bendeleben zu durchqueren, wurde bereits 1404 ein 540 Meter langer Tunnel angelegt. Auf ihrem Weg nach Frankenhausen trieb die Kleine Wipper mehrere Mühlen an, deren Gebäude heute noch existieren. In Frankenhausen, ab dem ehemaligen Standort der Saline, heißt die Kleine Wipper Solgraben. Dieser mündet bei Schönfeld in die Unstrut. Wer würde beim Betrachten des recht kleinen “Baches” denken, dass er vor einem herausragenden Kulturdenkmal steht? Mit diesem Wissen läuft es sich doch noch etwas beschwingter an dem schönen Gewässer entlang. An der Landstraße 1172 verlassen wir die Kleine Wipper und wenden uns dem Kyffhäuser zu. Wer mag, kann aber noch weiter am Gewässer bleiben und später zur Höhle “rüberschießen”.

An der Ecke kann man bei näherem Hinsehen einen der Meilensteine entdecken, die man in dieser Gegend häufig antrifft. Sie dienten viele Jahrhunderte lang weltweit als gut sichtbare Entfernungszeiger. Als hierzulande noch zahlreiche Kleinstaaten bestanden, gab es diverse Formen, Größen und Beschriftungsarten. Hinter dem Stein geht es auf einem breiten Feldweg entlang einiger interessanter Gartengrundstücke. Vom Weg aus kann man in der “näheren Ferne” die drei Wassermühlen (Falkenmühle, Lohmühle und Wippermühle) entdecken und das Hopfen-Anbaugebiet des Hopfenbetriebes Rottleben. Mit etwas Glück, wir waren einen Tick zu früh, blühen überall in der Umgebung und auch am Wegesrand zahlreiche Obstbäume. Aufgrund der auch hier herrschenden Trockenheit haben etliche leider frühzeitig das Zeitliche gesegnet. Auf dem schönen Weg, links die schöne Landschaft zwischen Kyffhäuser und Wipper, rechts Blicke in den Kyffhäuser Karst, geht es zur Barbarossahöhle. Hier war glücklicherweise noch recht wenig los, sodass wir nicht gleich weiterlaufen mussten. Seit unserem letzten Besuch hat sich hier sehr viel getan. Ein Geo-Informationszentrum wurde errichtet und das ganze Gelände “aufgewertet”. Ein Besuch der Höhle, die wirklich sehr sehenswert ist, sollte bei der Länge beziehungsweise Kürze der Tour drin sein. Die 1865 zufällig entdeckte und bereits 1866 zugänglich gemachte Höhle ist eine von zwei weltweit zu besichtigenden Anhydrithöhlen. Hier gibt es zwar meines Wissens nach keine Tropfsteine, dafür aber zahlreiche kleine Seen, Alabasteraugen, Schlangengips und die weltweit einmaligen, bis zu einem Meter langen, von der Decke herabhängenden Gipslappen.

Der Weinbau in Thüringen

Mit 400 bis 700 Weinbauorten war Thüringen im Mittelalter eine Hochburg des Weinanbaus in Deutschland. Die klimatischen Verhältnisse, unter anderem auch am Südrand des Kyffhäuser, aber auch die Hanglagen der Flüsse, waren hervorragend. Mönche aus der Rheingegend, in die der Wein bereits mit den Römern gelangte, brachten im 8. Jahrhundert ihr Wissen mit der Errichtung von Klöstern in die Gegend des heutigen Thüringen. Anfangs war der Wein den Gläubigen im Gottesdienst und den Mönchen vorbehalten, er diente der Krankenpflege und wurde an den Tafeln derer, die ihn sich leisten konnten, kredenzt. Im späteren Mittelalter ersetzte er, unter anderem wegen seiner längeren Haltbarkeit, in vielen Gegenden das bis dahin vorherrschende Bier. Im 15. und 16. Jahrhundert war die Blütezeit des Weins in Thüringen, dann kam es zu “Katastrophen”, wie der Kleinen Eiszeit, dem Befall mit der Reblaus und dem Dreißigjährigen Krieg. Aber auch andere Umstände, wie Bodenerosion und Unwirtschaftlichkeit, werden eine Rolle gespielt haben beim Niedergang des Weinbaus. Die größten Weinbaugebiete in Thüringen waren das Thüringer Becken, das mittlere Saaletal und das Werratal. Aber auch in Nordthüringen, im Eichsfeld, in der Goldenen Aue und am Kyffhäuser, insbesondere im Süden um Bad Frankenhausen, gab es Weinbau. In der Landschaft sind als Relikte des Weinbaus heute noch ab und zu Terrassen mit Trockenmauern, die eine Erosion verhindern sollten und Hohlwege als Transportwege erkennbar. Manchmal findet man auch Reste eines Weinkellers oder eines Weinberghäuschens. Als botanische Überbleibsel findet man mancherorts die Wilde Weinrebe, die Weinberg-Tulpe oder den Flieder. Bei Bad Frankenhausen findet man Fliederbestände, die ihresgleichen in Deutschland suchen sollten. Hier gibt es alljährlich auch ein Fliederfest.

An der Höhle geht es auf einem neu angelegten Weg zur Ruine Falkenburg. Zahlreiche Sitzgelegenheiten laden zum Verweilen ein, der Blick kann an manchen Stellen in die Landschaft schweifen. Von der Falkenburg sind nur kümmerliche Überreste zu sehen, wenn die Jahreszeit es erlaubt. Die im 12. Jahrhundert zum Schutz der nahegelegenen Salzstraße errichtete Burg, die zuletzt als Raubritterburg diente, wurde 1458 von einem verbündeten Heer des Herzogs von Sachsen, mehrerer Grafen und Städte erobert und nahezu komplett geschliffen. Für uns geht es jetzt, nachdem wir viel draußen waren, in die Wälder des südlichen Kyffhäuser. Bei unserem Besuch waren hier etliche Schilder angebracht, auf denen mehrere Umleitungen der vorhandenen Wanderwege abgebildet waren. Damit kamen wir irgendwie nicht so richtig zurecht. Als erstes erreichten wir das Gelände eines kleinen Steinbruchs. Hier führte ein Weg rechts zum Waldrand, der zumindest mir Einmaliges bescherte. Trotz all unserer Wanderungen in mehr als 25 Jahren hatte ich bis zu diesem Tag keine einzige blühende Küchenschelle zu Gesicht bekommen. Die einzige, die ich je verblüht sah, war im Naturschutzgebiet Schiefer Holzer Berg bei Alfeld, wo es im Umfeld zahlreiche weitere gibt. Hier am Wegesrand wuchsen und blühten zahlreiche Küchenschellen und auch Frühlings-Adonisröschen. Immer wieder herrlich, etwas Neues zu erleben. So ging es beschwingten Schrittes weiter durch diese wundervolle Landschaft.

Am Wegesrand stehen mehrere Infotafeln, die Auskunft darüber geben, dass wir uns in einer sehr besonderen Gegend befinden. Das weiche Gipsgestein erodiert sehr leicht, sodass es an vielen Stellen keinen Wald gibt, sondern freiliegendes Gestein. An den Hängen erwärmt sich dieses Gestein viel leichter und es werden Temperaturen wie am Mittelmeer erreicht. Man kann das auch beim Wandern sehr oft erleben, wie sich die Temperaturen an solchen Hängen innerhalb einer kurzen Strecke um mehrere Grade erhöhen. Angepasst an diese Verhältnisse sind viele bei uns seltene Pflanzen, wie die eben gesehenen und etliche weitere. Ebenso beobachten kann man hier die Verkarstung des Gipsgesteines, die sich unter anderem in kleinen “Zwergenlöchern” zeigt. Hinter der Gipskuppe geht es in den Wald, der sich anfangs noch recht herrlich frühlingshaft präsentierte. Leberblümchen und Buschwindröschen färbten den Waldboden bunt. Nach einer Weile geht es allerdings in einen sehr ausgetrockneten Wald mit vielen toten Bäumen, hauptsächlich Buchen. Bei starkem Wind sollte man solche Wälder dringend meiden. Da uns etliche Wanderer entgegenkamen, waren wir wohl auf der angegebenen Umleitung. Wir erreichen die Köhlerwiese, die zur Pause einlädt, dann geht es wieder in den hier wieder weitestgehend lebendigen Wald, der sich ebenfalls sehr frühlingshaft präsentiert. Über verschiedene nette Wege, unter anderem einen kleinen Hohlweg, gelangen wir zur Eschenecke.

Der folgende Abschnitt ist der letzte des heutigen Tages, führt uns aber noch einmal an einen sagenumwobenen Ort, die Kattenburg am Kosackenberg. In der Steillage des Berges befindet sich ein Höhlensystem aus bis zu 20 miteinander verbundenen Höhlen, die wegen der unzugänglichen Lage erst in den 1950er Jahren erkundet wurden. Vom 8. Jahrtausend bis ins 8. Jahrhundert vor Christus wurden die Höhlen von mehreren Menschengruppen genutzt. Fundstücke stammen unter anderem aus Böhmen, den Karpaten und dem Donauraum. Wieso die Menschen in den Höhlen lebten und wie Gegenstände aus so weiter Entfernung hierhergelangten, ist nicht geklärt. In einer Kluft, der sogenannten Opferspalte, fand man neben anderen Opfergaben auch die Knochen von Tieren und Menschen. Wie die Archäologen trotz des Umstandes, dass die Menschenknochen zerschlagen, angebrannt und angeschnitten waren, zu dem Schluss kamen, dass es sich nicht um Kannibalismus handelte, kann ich mir nicht erklären. Ein mystisch anmutender Ort, auch wenn wir von den Höhlen in diesen karstigen Hügeln nichts mitbekommen. Der wirklich allerletzte, schöne Wegabschnitt führt uns schließlich noch einmal näher an das Geschehen im Karst heran und wir durften zum Abschluss auch noch einmal ein paar Frühlings-Adonisröschen bestaunen. Kurz darauf erreichen wir dann auch unseren Ausgangspunkt an der Rottlebener Straße.

Am Ende eines Tages...

Der Kyffhäuser ist immer wieder ein Knaller und man erfährt jedes Mal etwas Neues und Interessantes über Natur und Kultur der Gegend. Bei der Recherche stolperte ich neben vielen anderen informativen Seiten und Dokumenten über ein PDF zu einer botanischen Wanderung im Südkyffhäuser. Der Link führt zu einem 62-seitigen, extrem umfangreichen und höchst informativen PDF. Auf Seite 60 findet man die Karte des Weges, der zwar in etlichen Punkten von unserer Route abweicht, was aber nichts Schlechtes bedeuten muss. Wir werden diesen Weg das nächste Mal ebenfalls ausprobieren und uns das PDF-Heftchen dazu ausdrucken. Egal, für welche Wege ihr euch hier im südlichen Kyffhäuser entscheidet, viel falsch machen könnt ihr eigentlich nicht, weil es hier überall schön ist.

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