Aussicht über den Steinbruch

Aussicht über den Steinbruch

Hui! Der Huy ist schon ein Knaller, vor allem im Frü-Huyling. Jetzt haben wir es ja doch noch geschafft, die dritte, westlichste und letzte Tour am Huy zu absolvieren und wieder war das sehr wanderbar. Die mittlere Tour im zentralen Huy verlief weitestgehend im Wald, die östliche Wanderung und aktuell die westliche waren zweigeteilt zwischen Waldgebieten und offenen Landschaften. Alle drei Touren waren gleichermaßen spannend und empfehlenswert. Während wir im zentralen Huy etlichen Wanderern begegneten, hatten wir auf der östlichen und auch auf der westlichen Route relative Ruhe und Abgeschiedenheit. Wir begegneten zwar etlichen, aber wohl meistens einheimischen Besuchern, die diese Landschaft auch sichtlich gerne genossen. Los ging es am bereits vorher ausgekundschafteten Parkplatz an der Landstraße 84, den man von Huy-Neinstedt oder Athenstedt gut erreichen kann. Es war Muttertag, der erste wirklich schöne Tag seit längerem und der bislang wärmste des Jahres mit bis zu 27 Grad. Da war es gut, dass ich zwei kurze Hosen mit hatte, wobei ich mich glücklicherweise gleich für die Badeshorts entschied. Nicht lange gefackelt und auf in den herrlich frühlingshaften Huywald. Der präsentiert sich auch gleich von seiner besten Seite auf wanderbar weichen und nicht allzu breiten Wegen. Wir befinden uns jetzt übrigens auf dem Geologischen Rundweg Huy – West (W02) und die Gletschertöpfe sind dessen sechste Station. Wenngleich wir dem Rundweg nicht folgen, werden wir noch einigen Geopunkten des Weges begegnen. Der Frühling ist weit vorangeschritten, die Tage der noch in Vollblüte stehenden Buschwindröschen sind fast gezählt und der Sommer steht in den Startlöchern. Dieses Jahr haben wir noch keine Orchideen erblickt, aber so ist das, wenn man zur falschen Zeit am falschen Ort ist. Der westliche Huy ist aber trotzdem genau das Gegenteil von einem solchen, denn die landschaftlichen Erlebnisse sind großartig.

Im Wald erreichen wir, der Weg ist das Ziel, dann als Erstes den aufgelassenen Steinbruch, in dem sich das Naturdenkmal Gletschertöpfe im Huy befindet. Dabei handelt es sich um ein in Deutschland außerhalb der Alpen seltenes Zeugnis aus der Eiszeit. Schmelzwasser stürzte hier durch Spalten im Eis an den Grund des Gletschers und floss dort sehr schnell ab. Das bis zu 200 Kilometer pro Stunde schnelle Wasser bildete an manchen Stellen Wirbel, die das umliegende Gestein erodierten und die Gletschertöpfe entstehen ließen. Der “renaturierte” Steinbruch an sich ist schon sehenswert und wanderbar, das Naturdenkmal setzt ihm die Krone auf. Der überdachte große Gletschertopf, der schon von Menschenhand erhalten werden muss, wurde bei Steinbrucharbeiten 1910 entdeckt und glücklicherweise nicht abgetragen. 1971 wurde er als Naturdenkmal ausgewiesen und mit einem Schutzdach versehen, um ihn vor weiterer Verwitterung zu schützen. Ein schönes Fleckchen Erde, das zu einer ersten Rast einlädt. Durch den erlebenswerten Steinbruch geht es wieder hinaus in den Wald und auf schönen Wegen weiter. Der Hardelsberg präsentiert sich bei herrlichstem Maiwetter von seiner besten Seite und macht jeden Schritt zur Wohltat nach diesem nicht sehr kalten und ebenso nicht sehr verschneiten, aber dafür recht langen Winter. Am Siebertsplatz geht es erst einmal auf einen recht breit geschotterten Weg, der uns zur Landstraße 84 zurückführt. Hier muss man nicht auf seinen Tritt achtgeben und kann erstmal “Späne geben”, während man den Wald genießt. Hinter der Landstraße geht es dann weiter zu den Kollyteichen. Im Wald immer mal wieder Obstbäume und Reste des Frühlingsblüten-Spektakels. Die Kollyteiche sind der fünfte Geopunkt des vorhin erwähnten Geologischen Rundweges W02. Entstanden sind die Teiche wohl durch Salzauslaugung im Untergrund und Wasserstau. An den zwei schon ziemlich verlandeten, idyllischen Stillgewässern stehen Bänke, an denen man eine Rast einlegen kann.

Auf zu den Kollyteichen

Auf zu den Kollyteichen

Ein paar Meter wandern wir noch durch den Wald, dann verlassen wir für längere Zeit die dicht bewaldeten Gebiete und wenden uns den offenen Landschaften des westlichen Huy zu. Am Waldrand stehen etliche alte Eichen und Weiß- und Schwarzdornsträucher. Der Schwarzdorn war hier erstaunlicherweise noch in Vollblüte und zog neben unserer Aufmerksamkeit auch die zahlreicher Insekten auf sich. Weiter geht es auf einem Feldrandweg entlang der Hecken und dann auf einem Waldrandweg. Hier standen einige markante Steine am Wegesrand, die man erst einmal für Grenzsteine halten könnte. Es waren aber keine Markierungen vorhanden, nur an einem Baum ein Barcode, über den man wohl weitere Informationen einholen kann. Da wir das nicht taten, blieben die Steine ein kleines Rätsel. Wir biegen nach rechts ab und kommen zum Geopunkt 4 des Rundweges, einer Bohrungsstelle nach Erdöl und Erdgas. Auch hier sind nur dürftige Informationen zu bekommen, lediglich die Erwähnung einer eventuell hier durchgeführten Bohrung von 1887 bis 1896 war zu finden. Es sieht aber so aus, als wäre hier erst vor nicht so langer Zeit gebuddelt worden. Da gilt wie so oft die Weisheit der Mama: Junge, du kannst alles essen, aber nicht alles wissen. Die Bohrungsstelle, die eher nach nicht vollständig angelegten Teichen oder einer Abbaustelle aussieht, ist ein kleines Gewässer-Biotop, das möglichst in Ruhe gelassen werden sollte. Aussichtsreich in die später zu erreichenden Landschaften geht es bergab, bis wir uns nach links wenden und den Geologischen Rundweg wieder verlassen, dem wir später aber noch einmal begegnen werden. Es geht wieder hinauf zur Heiketalwarte, wobei wir an vielen Obstbäumen und einer anscheinend planmäßig angelegten Plantage mit zahlreichen Weißdornsträuchern vorbeikommen.

WWieder war nicht viel herauszufinden, außer dass eine Quedlinburger Privat-Brennerei auch Weißdorn verarbeitet und ihre Rohstoffe unter anderem aus dem Huy bezieht. Aber an einem solch schönen Frühlingstag kann mir nicht einmal meine angeborene Dummheit beziehungsweise Faulheit den Tag verderben. Auf einmal stand ich vor einem mächtigen Bullen mit riesig wirkenden Hörnern, der nur durch einen Elektrozaun von mir getrennt war. Da glotzten zwei- und vierbeinige Rindviecher sich kurz an und gingen dann wieder ihrer Wege. Einmal um die Ecke nach links und es geht noch ein bisschen weiter hoch, wobei wir hier die ersten, aber nicht letzten Rapsfelder aus der Nähe zu Gesicht bekamen. Gerochen hatten wir sie schon die ganze Zeit im Wald, da es rund um den Huy zahlreiche dieser Felder gibt. Im Hintergrund sind schon die Biotom-Meiler bei Dardesheim zu erkennen, die wir heute glücklicherweise nur fast erreichen. Oben auf dem Berg, wie soll es anders sein, dann die Heiketalwarte, eine der drei im Huy befindlichen Warten, von denen wir auf jeder Wanderung eine zu sehen bekamen. Die Entstehungsgeschichte und der Zweck der Warte liegen noch im Dunkel der Geschichte verborgen. Sie könnte zur Burg Zilly gehört haben oder zur nahegelegenen Uhlenburg, über die ebenfalls keine Aufzeichnungen existieren. Manch einer, unter anderem auch welche, die dem Hype um Kalkriese als Ort der Varusschlacht nicht viel Glauben schenken möchten, sehen wohl den auf mindestens tausend Jahre alten Fundamenten ruhenden Turm sogar als ein Überbleibsel aus römischer Zeit. Die lange vergessene Warte wurde 2003 von einem Hamburger Architekturstudenten entdeckt, der das Gelände pachtete, um den Turm wieder nutzbar zu machen. Mittlerweile Architekt, ist ihm dies auch prächtig gelungen. Momentan (Mai 2021) wird die Warte von einem Verein genutzt und kann wohl leider nur zum Tag des offenen Denkmals besichtigt und erklommen werden.

Die Heiketalwarte

Die Heiketalwarte

Ein Rastplatz unterhalb des Turms lädt zum Verweilen ein, bevor es auf die Passage durch das Heicketal geht. Dazu gehen wir über die Wiesen ins Tal. Ein Weg ist stellenweise nicht mehr erkennbar, aber der zehn Meter breite Grasstreifen bietet ebenfalls ausreichend Möglichkeiten zum Gehen. Strommasten aus Holz geleiten uns dann ein Stück auf einem Weg durch die nahezu leere Feldmark. An dessen Ende erwartete uns dann zu unserer Überraschung, obwohl ich bei der Tourenplanung auf Google Maps bereits eine Vorahnung bekommen hatte, die vielleicht schönste Kirschenallee unserer bisherigen “Wanderkarriere”. Durch die Trockenheit der letzten Jahre eher noch wenig in Mitleidenschaft gezogen, stehen hier zahlreiche alte Obstbäume links und rechts des Weges, sodass es eine wahre Pracht ist. Herrlich hier zu zweit zu wandern. Eine geht rechts, der andere links des Grasstreifens in der Mitte des Weges. Die Blütezeit der Kirschen neigt sich ebenfalls schon dem Ende entgegen, wir erlebten einen der letzten Tage des Spektakels. Zur Erntezeit wäre wohl der nächste günstige Zeitpunkt, um hierher zurückzukehren. Nimmt man von jedem Baum eine Kirsche zu sich, ist man am Ende wohl mit hoher Wahrscheinlichkeit geplatzt. Ein weiterer Aspekt der nun folgenden, “steinreichen” Gegend erschließt sich hier am Wegesrand. Von den steinigen Äckern der Umgebung haben die Bauern im Laufe der Zeit zahlreiche größere Steine aufgelesen und zu teils ansehnlichen Haufen aufgetürmt. Vielen dieser Haufen werden wir noch bis hinter den Kuhberg begegnen. Über einen der ersten hat man eine gute Sicht zum größten “Haufen” Norddeutschlands, dem Brocken.

Die Kirschenallee spottet wieder mal jeglicher Beschreibung und ist ein echtes Schmankerl, bevor wir uns den Realitäten unserer Zeit stellen müssen. Auf einem gewundenen Feldweg geht es hinauf zum Froschberg, linker Hand der Biotom-Meiler-Park nahe dem Energiedorf Dardesheim. Das Witzige ist, dass die Gesellschaft, die unter anderem den Windpark Druiberg betreibt, auf ihrer Homepage angibt, dass die Anlage 40-mal mehr Strom produziert, als die Gemeinde benötigt und dass die im Ort installierten Fotovoltaik-Anlagen bereits zur Deckung des Stroms ausreichen. Wozu also hier eine Mega-Anlage, wenn jedes Dorf, jede Stadt ihren Energiebedarf weitestgehend auch durch kleinere Anlagen aller erneuerbaren Energien decken könnte? Reine Nächstenliebe? Wohl eher folge dem Geld. Papperlapapp, alter Verschwörungstheoretiker, es ist ein herrlicher Frühlingstag und wandern und damit im Zusammenhang stehendes wundern ist angesagt. Keine Zeit für solch schlechte Scherze. Wenden wir uns ab und gehen nach rechts hinauf zum Froschberg. Steinhaufen von den Feldern sind überall zu sehen und wir gelangen in eine von Sträuchern und Bäumen gesäumte Landschaft. Ein besonders stark duftender Strauch bzw. kleiner Baum, vom Aussehen an ein Wildobst erinnernd, steht hier in großer Menge am Wegesrand. Mit den Sträucher unserer Heimat haben wir uns sowieso noch nicht eingehend beschäftigt und da wir schlauerweise auch keinen Zweig mitnahmen, war eine nachträgliche Bestimmung leider unmöglich. Auf jeden Fall ein betörender Duft, eine Aromatherapie to go. Die Pappeln, schon seit längerem auf dem Rückzug, gehören ebenso wie Fichten, Kiefern und andere Baumarten, zu den potenziellen Verlierern des Klimawandels hierzulande. So ist es auch hier eine teils bereits in Mitleidenschaft gezogene Pappelreihe, die uns über die landschaftlich schönen Höhen des Froschberges und des Kuhberges geleitet. Von hier aus hat man ebenfalls eine gute Aussicht auf den Harz und das aus diesem herausragende Brockenmassiv. Dann geht es “bergab” in den Einschnitt zwischen dem Kuhberg und dem darauf folgenden Öhlertsberg.

Aussicht zum Elm

Aussicht zum Elm

Da wir unbedingt den Weg am Südhang des Öhlertsberges gehen wollten, gingen wir am ersten Einstieg in den Berg vorbei und nahmen den zweiten Weg nach links. Ein toller Weg, der sich ein wenig schlängelt und der ein wenig den Charakter eines Hohlweges zeigt. Rechter Hand eine große Wiese mit einem großen Bestand der Echten Schlüsselblume. Ebenfalls rechts danach ein alter Steinbruch, in dessen Nähe sich im Wald die Reste der Altenburg befinden, eine wahrscheinlich aus dem 8. Jahrhundert stammende Wallanlage der Sachsen. Jetzt wollten wir auf dem zum Beispiel auf der OpenStreetMap eingezeichneten Pfad auf den Öhlertsberg hinauf und dort eine kleine Runde drehen. Dieser war aber nicht zu finden und da wir wegen der ungewohnt hohen Temperaturen schon relativ müde waren, machten wir uns an diesem Tag nicht die Mühe, nach einer anderen Möglichkeit zu suchen. Ein zweiter Weg führt wohl zum Steinbruch am Berg, der als Geopunkt 2 des Geologischen Rundwegs West (W02) ausgewiesen ist. Auch diesen besuchten wir nicht mehr. Ein bestimmt spannender Berg, den ihr auf eigene Faust erkunden könnt, wobei der Schutz der schönen Natur immer vor den eigenen Interessen stehen sollte. Da wir an diesem Tag bereits spannende Landschaften erlebt hatten, fiel es uns nicht sehr schwer, den Berg nicht zu erkunden. Weiter ging es an einigen kleinen Obstplantagen vorbei in Richtung Huy-Neinstedt und dann am Rand des Ortes entlang. Wer möchte, kann natürlich gerne etwas weiter in den Ort vorstoßen, zum Beispiel das kleine Heinrich-Meutefin-Museum besuchen und durch die Lange Straße der Kirche St. Nicolai einen Besuch abstatten. Heinrich Meutefin war ein Schuhmacher, der nebenbei Kräuter verkaufte und diesen auch Gedichte widmete. Das Kräuter sammeln soll er wohl von “Doktor” Stephan Kunze erlernt haben, der ihm auch die Gedichte schrieb. Letztendlich verlassen wir den Ort auf einem kleinen Pfad entlang von Hecken und Wiesen und streben dann auf einem netten Waldweg, der gleichzeitig den stärksten Anstieg des Tages darstellt, unserem Ausgangspunkt entgegen.

Am Ende eines Tages...

Das war also endlich mal (fast) der ganze Huy. Toll. Auf jeder drei Touren gab es unterschiedliche Landschaften zu erleben und viele verschiedene kulturhistorische Stätten, unter anderem auf jeder Runde eine der drei Warten des Huy. Diese letzte Wanderung bot besonders viele landschaftliche Reize, unter anderem den schönen Wald des Huy, ehemalige Steinbrüche und Feldsteinhaufen, einige kleine Teiche, viele Aussichten, von Sträuchern und Bäumen bestandene Wege und mehr. Allzu vielen Leuten sind wir hier trotz des Premium-Wetters nicht begegnet, sodass wir gerade im Mittelteil mutterseelenallein durch die Pampa streifen konnten und die eventuell vorhandene Seele mal wieder so richtig baumeln ließen. Der Huy reiht sich nahtlos ein in die bereits erkundeten, wunderschönen Landschaften des nördlichen Harzvorlandes. Hinter Höhenzügen wie dem südlichen Ende des Salzgitter Höhenzuges, dem Harly, dem Großen und Kleinen Fallstein oder denen südlich von Halberstadt muss er sich wahrlich nicht verstecken. All diese Erhebungen bieten gerade im Frühling jede Menge an botanischem Reichtum, zum Beispiel gibt es hier und dort die seltenen und prächtigen Adonisröschen oder den nicht minder erlebenswerten Diptam. Aber auch zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt lohnt sich ein Besuch wegen der Hülle und Fülle an Erlebnissen in Sachen Natur und Kultur allemal. Wanderer, kommst du nach Irgendwo, verkündige dorten, du habest uns hier wandern sehen, wie die Heilige Pflicht es uns befahl.

Letzte Beiträge aus dem Landkreis