So richtig entspricht der westliche Westharzrand nicht unserem Beutespektrum, denn er wird größtenteils von breiten Forstwegen durch oft nicht sehr ansehnliche Fichtenforste dominiert. Aber es gibt auch hier, wie überall, einige Ausnahmen von der Regel bzw. schöne Landschaften vor dem Harz, wie zum Beispiel am Schildberg bei Seesen oder in der schönen Landschaft der Großen und Kleinen Welt zwischen Gittelde und Willensen (Link zur Wanderkarte). Wolfshagen hätten wir vielleicht auch nie besucht, wenn wir bei Recherchen nicht zufällig auf die Existenz des renaturierten Diabas-Steinbruches gestoßen wären. Aber trotzdem musste meine Freundin erst alleine eine Exkursion in die schön wirkende Landschaft machen, bevor ich mich überreden ließ mitzukommen. Das war dann aber auch wirklich eine tolle Wanderung, die mir lange im Gedächtnis blieb, weil sie zu denen gehörte, die geringe Erwartungen weit übertraf. Erwartungen vermeide ich zwar weitestgehend, weil die den Beginn der Unzufriedenheit markieren. Werden Sie dann allerdings wie in diesem Fall übertroffen, ist das Enderlebnis oft berauschend und lang anhaltend. Wolfshagen ist wohl kein wirklicher Geheimtipp mehr und wegen seiner recht ruhigen Lage abseits der großen Touristenströme bestimmt ein Ziel vieler Ruhesuchender. Der Ort ist hübsch anzusehen, bietet alles was man zum Leben bzw. den Urlaub braucht und ist eingebettet in eine schöne Kulturlandschaft. Der Harzklub Wolfshagen pflegt 200 Kilometer Wanderwege, diverse Schutzhütten, noch mehr Bänke und Rastplätze und betreibt die Schäderbaude.

Blick in den Steinbruch

Blick in den Steinbruch

Überall sind nette kleine Plätze, an denen man sich informieren kann und die zum Erkunden der Landschaft einladen. Eine detaillierte Wanderkarte im Maßstab 1:15000 ist zum Beispiel beim Harzklub und in der hübschen Tourist-Information im kleinen Gowische Park erhältlich. Normalerweise spare ich mit solchen Infos ja etwas, aber so viel Engagement, wie es hier gezeigt wird, verdient auf jeden Fall Beachtung. Die Liebe zum Detail, mit der die Menschen es sich hier selbst und ihren Gästen “gemütlich” gemacht haben, werdet ihr auf einer Wanderung am eigenen Leibe aufs Feinste erfahren können.  Abseits unserer “Runde um Wolfshagen“, für die wir uns die vermeintlichen Filetstücke an Wegen und Landschaften herausgepickt haben, gibt es im zwischen der Innerste- und der Granetalsperre gelegenen Ort wohl auch eher die für den Westharz typischen Forstwege. Diese kommen zwar für uns nicht (mehr) in Frage, besitzen aber für viele andere Wanderer trotzdem ihren Reiz. Auch den von uns “bewältigten” Steinway-Weg werde ich demnächst einstellen, obwohl er im Mittelteil wirklich ganzheitlich anstrengend wurde. Wolfshagen ist in seiner Lage einmalig im Harz und eine weitere Perle in der langen Perlenkette an “Erlebniswerten”, die das einzigartigste Mittelgebirge unserer Heimat bietet. Etwas kurios, aber für manch einen ängstlichen Zeitgenossen vielleicht interessant, dass das Max-Planck-Institut für Meteorologie Wolfshagen im Jahr 2007 zu einem der sichersten Orte in Deutschland gekürt hat. Solltet ihr jetzt mit dem Gedanken spielen, euch hier niederzulassen und euch ein Häuschen zu bauen, gibt es eventuell einige Schwierigkeiten zu überwinden. Denn Wolfshagen soll in seiner Einzigartigkeit erhalten und nur noch extensiv erweitert werden.

Hier hat sich glücklicherweise die Landschaft einer bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts betriebenen Bergbauernwirtschaft erhalten und soll wieder neu belebt werden. Was wir im Herbst 2014 fälschlicherweise für die Entkusselung einer Heidelandschaft hielten, waren und sind Maßnahmen, um die im Laufe der Jahrzehnte verkrauteten Weiden für die Haltung des Harzer Roten Höhenviehs vorzubereiten. So, jetzt aber langsam los. Den Abstecher am Schluss nach Langelsheim kann man sich sparen, wenn man mit dem Auto unterwegs ist oder in Wolfshagen den Bus erwischt bzw. die eventuell etwas längere Wartezeit irgendwie überbrückt. Ein teilweise netter Weg, den man aber nicht unbedingt gemacht haben muss und der am Ende etwas anstrengend werden kann. Los geht es erstmal in der Ortsmitte von Wolfshagen, nachdem man mit dem Bus schon eine kleine Sightseeing-Tour durch den Ort gemacht hat. Es geht gleich recht knackig hinauf durch den Ort, über die Wiesen und durch den schönen “Ex-Steinbruch-Wald” zum renaturierten Diabas-Steinbruch. Den umwanderten wir nicht, weil wir es schon getan hatten und wir mal die anderen schönen Wege kennenlernen wollten. Wer möchte, kann es natürlich tun und an anderer Stelle wieder in die Runde einsteigen. Vom Ostende des Geländes hat man dann die vielleicht beste Aussicht auf den Steinbruch, “verpasst” dafür aber auch einen schönen Abschnitt. Wir erreichen auf unserem Weg den am westlichen Rand befindlichen Aussichtsplatz, der eher eine Einsicht in den Steinbruch bietet. Hier stehen auch diverse Bänke und Infotafeln, die über die Geschichte des Steinbruchs, die der Renaturierung und die sich hier (wieder) ansiedelnde Natur berichten. Beim Erstbesuch auf jeden Fall ein echt imposanter Einblick.

Blick vom Schäder-Pavillon

Blick vom Schäder-Pavillon

Ich fühlte mich damals sofort an den Sesuadra erinnert, den Abschiedsstein der Osten Ard-Buchreihe von Tad Williams, die ich an dieser Stelle jedem Fantasy-Fan wärmstens ans Herz legen kann. Hier also trennten sich die elbischen Völker der Nornen und Sithi. Vom Aussichtsplatz hat man einen genialen Einblick in das ehemalige Tagebaugelände, vom wenige Meter entfernten Wolfshäger Panoramablick einen ähnlich schönen auf das Harzörtchen und seine unmittelbare Umgebung. Nach dem durchaus spürbaren Anfangsaufstieg hat man sich an einem der beiden Plätze auf jeden Fall ein erstes Päuschen verdient. Kleiner Tipp noch für diejenigen, die eh nicht nach Langelsheim laufen wollen: Die Runde am besten entgegen der von mir beschriebenen Route und damit auch entgegen dem Uhrzeigersinn laufen. Dann hat man den schönen Abschnitt am Steinbruch zum Ende hin. Zum Steinbruch und seiner wunderbar wanderbaren Umgebung schreibe ich mal nichts. Das sollte man selbst erleben und Infotafeln klären weitestgehend über alles Interessante auf. Vom Steinbruch folgen wir der “Spur der Steine”, einem 2016 ausgewiesenen Lehrpfad, der über viele Aspekte des ehemaligen Tagebaus informiert und viele Rastplätze bietet. Überhaupt gibt es auf dem heutigen Weg für Bank- und Rast-Fetischisten nichts zu meckern. Teilweise gibt es nicht nur gefühlt alle paar Meter ein Plätzchen zum Setzen. So auch, wenn wir auf tollen Pfaden das Wölfi-Bad im Tal des Borbergsbaches erreichen und dann erstmal ein paar hundert Meter auf befestigten Wegen absolvieren müssen. An Gartengrundstücken vorbei verlassen wir vorerst die nahe Umgebung des Ortes und begeben uns in die ausgedehnte Weidelandschaft im Westen Wolfshagens. Auf einem netten Waldrandweg gelangen wir zum Schäder-Pavillon an prädestinierter Stelle. Hier wächst dann, wie an einigen anderen Stellen auch, ein bisschen Heidekraut. Bis zur während der Saison am Wochenende bewirtschafteten Schäderbaude, geht es auf einem Wirtschaftsweg.

Über eine kleine Brücke und die Straße gelangen wir schließlich in die ausgedehnten Weiden des Ortes. Der ausgeschilderte Weideweg führt durch die Gebiete, die schon oder bald vom Harzer Roten Höhenvieh bewohnt werden. Auch jetzt im Oktober waren noch einige der äußerst entspannten Wiederkäuer am Grasen. Erstmal asphaltiert, später wieder freundlicher, geht es durch die schön strukturierte Landschaft zu den Weiden am Wittenberg und Rieseberg, an denen sich ein Hutewald erhalten hat, der einige mächtige Veteranen aufweist. Wolfshagen hat wohl im Gegensatz zu vielen anderen Orten den Wert seiner selten gewordenen Landschaft und natürlich auch den Nutzen für den Lebenswert seiner Bewohner erkannt und viele Maßnahmen eingeleitet, um seine wertvolle Landschaft zu erhalten. Auch dieser Hutewald zählt dazu. Ein Stück Wald, dann kommen wir zur “Hauptweide”, die vor einigen Jahren großflächig entkrautet wurde. Ein schönes Fleckchen Erde, bevor wir durch einen mehr oder weniger düsteren Tann in Richtung Steile Wiese streben. Dort erwarten uns eine Schutzhütte, mehrere Bänke und eine schöne Aussicht über die bereits zurückgelegte Strecke. Hier begegnen wir auch den ersten Zeichen des Steinway-Weges in Gestalt einer wie ein Klavier geformten Infotafel. Da ich demnächst dazu einen eigenen Beitrag erstelle, hier nur der kurze Hinweis auf den Weg, der von Wolfshagen nach Seesen führt. Das war der erste Schritt der berühmten Klavierbauer-Familie um Heinrich Engelhard Steinweg vor dem später erfolgten großen Sprung in die damals noch Neue Welt. Der weitere Weg nach Wolfshagen ist geprägt vom Naturlehrpfad, der super gepflegt wird vom Harzklub und einige schöne Plätze mit Aussichten, Rastmöglichkeit und Informationen bietet.

Blick auf Wolfshagen

Blick auf Wolfshagen

Die Wegqualität im forstwirtschaftlich genutzten Forst ist je nach Jahr und Jahreszeit unterschiedlich. Es gibt traumhafte Pfade und Wege durch sich wandelnden Wald, aber man kann auch schon mal ein paar hundert Meter erwischen, auf denen die “Forsterntemaschinen” ganze Arbeit geleistet haben. Glücklicherweise scheint aber jemand Acht zu geben, dass die Waldpanzer nicht die netten Wege in breite Schlammkanäle oder “Hausmüll-Schotterpisten” verwandeln. Vorbei an der hochmittelalterlichen Burg Burghagen, deren vorhandene, für uns aber nicht sichtbare Reste am Wegesrande liegen, geht es am schönen Waldrand in Richtung Ortsrand. Am Rastplatz oberhalb der Stadthalle würde man den Weg verlassen, wenn man zur Bushaltestelle zurückkehren würde. Ansonsten folgt man weiter den freundlichen Waldwegen am Rand des selbigen. Der Weg nach Langelsheim ist nicht so schlimm wie man denkt, aber gerade zum Ende hin auch nicht so schön, wie man es sich wünschen würde. Es geht durch den Wald, kurz durch den Ort, am Ortsrand an den Gärten der Grundstücke entlang, dann auf einem schönen Eichen-Waldrandweg und ein letztes Mal durch ein Waldstück zur Bundesstraße 82. Diese recht extrem befahrene Straße, die auch der Grund ist, dass wir uns gegen einen “Endweg” an der Nordseite der Sülteberge entschieden, überqueren wir auf einer offiziellen Wanderweg-Überführung und gehen am Holzheizkraftwerk Langelsheim vorbei und durch eine Gewerbeansiedlung zum Bahnhof.

Am Ende eines Tages...

Das war streckenweise aufgrund einiger Unpässlichkeiten vielleicht kein absoluter Premiumweg, aber ganzheitlich betrachtet ein wanderbar schöner Weg durch eine faszinierende Landschaft am Harzrand. Auch trotz der Auswirkungen des brutalen Sommers 2018 war das wieder mal so abwechslungsreich und spannend, dass wir diesen Weg in unser “Heilige Pflicht”-Repertoire aufgenommen haben. Das heißt, dass wir uns genötigt sehen, diesen Weg möglichst einmal im Jahr zu unterschiedlichen Jahreszeiten zu wandern. Meistens merken wir dann allerdings wie auch in diesem Fall, dass die letzte Tour doch schon wieder eher 2 bis 5 Jahre zurückliegt und immer zur gleichen Jahreszeit stattfindet. Also, wer irgendwann, irgendwie und irgend warum die Nase voll hat, immer nur auf den immer wieder gleichen, vielfach beworbenen Wegen des tollsten aller Mittelgebirge zu wandern, dem sei eine Tour bei Wolfshagen allerwärmstens ans wild schlagende Wanderherz gelegt. Bis zum nächsten Mal auf dem etwas steinigen Steinweg der Steinways…

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