Am S1 Hochmoorgeist

Am S1 Hochmoorgeist

Vor einigen Jahren hatte ich noch China-Smartphones für 50 Piepen (HomTom, Blackview) und war relativ zufrieden damit. Sie ersetzten die Uhr, den Wecker, den MP3-Player und die Wanderkarten, wobei der Akku immer ein Problem war. Dann kam 2019 mit dem “legendären” Redmi Note 7 das erste Teil von Xiaomi. Das Gerät ersetzte letztendlich auch die bis dahin genutzte Systemkamera. Dann kam das Mi 9T mit der geilen, ausfahrbaren Kamera und relativ sinnfrei kaufte ich mir nach weniger als einem Jahr das Poco X3. Vor einigen Monaten gönnte ich mir dann in einem kleinen Anflug von Irrsinn das im Preis von über 1000 auf mittlerweile 700 Euronen gesunkene Mi11 Ultra. Da es in Deutschland nach wenigen Wochen nicht mehr zu bekommen war, kaufte ich es kurzerhand mit vorinstallierter EU-Firmware in China. Das Mi11 Ultra ist nach fast zwei Jahren auf dem Markt immer noch eines der besten Kamera-Smartphones der Welt und hat das lichtstärkste Objektiv. Das merkt man auch an vielen Bildern. Bei auch nur geringfügig schwierigen Lichtverhältnissen wird die Kamera aber leider anfällig für Überlichtungen. Bei dieser Wanderung mit teils sehr hell bewölktem Himmel war das deutlich sichtbar und viele Bilder waren nicht zu gebrauchen. Das ärgert mich schon ein wenig, aber eine Kamera kann eben keine guten Bilder produzieren, wenn der Nutzer keine Ahnung hat, wie man das anstellen muss. Aber jetzt zu etwas Anderem.

Der Solling – Anfang bis Ende der 2000er Jahre erkundeten wir den Höhenzug auf mehreren Touren von verschiedenen Orten aus. Dazu zählten unter anderem Neuhaus, Silberborn, Amelith, Hellental und Delliehausen. Zu viele Straßen, zu viele breite Wege, zu viele Fichtenforste und andere “Unannehmlichkeiten” führten dazu, dass wir den Höhenzug aus unserem “Beutespektrum” entfernten. Um den Solling herum fanden wir etliche schöne Wandergegenden, wie zum Beispiel die Naturschutzgebiete am Holzberg und am Heukenberg, den Ellenser Wald, die Weper, die Rühler Schweiz und mehr. Das Mecklenbruch besuchten wir vor über zwanzig Jahren das letzte Mal und angeregt durch die neue Vermarktung der Gegend als “Wilde Heimat” wollten wir es doch noch einmal versuchen. Schon mal vorab: Man hat sich hier wirklich Mühe gegeben, die Route S1 – Hochmoorgeist erlebnisreich zu gestalten und das mittlerweile seinen Charakter zeigende Mecklenbruch sucht seinesgleichen in Südniedersachsen. Wir bereuen es nicht, bei nicht gerade freundlichem Wetter hierhergekommen zu sein, aber wir werden trotzdem wohl eher nicht wiederkehren. Dafür gibt es einfach zu viele ebenso schöne und schönere Ecken in unserem “Jagdrevier”. Ich würde mich sehr freuen, wenn der Solling, immer noch stark geprägt vom früheren “Brotbaum” und heutigen “Schnellgeldbaum” Fichte, sein Angesicht im Laufe der nächsten Jahre und Jahrzehnte zum Positiven verändert und sich künftigen Generationen als (noch) wanderbarer präsentiert.

Im NSG Mecklenbruch

Im NSG Mecklenbruch

So negativ sich das Vorangehende anhört, ist es nur halb so schlimm und jeder, der Südniedersachsen einen Besuch abstattet, sollte das Mecklenbruch gesehen haben. Sei es auf einem Abstecher oder eben auf einem der vorhandenen Wanderwege. Wir starteten an dem Parkplatz an der Landstraße 549. Von dort geht es kurz auf einem weichen Pfad parallel zur Straße, dann länger auf dem Fuß- und Radweg der Landstraße. Nach einigen hundert Metern biegen wir dann nach links ab in Richtung Tal der Holzminde. Der Fluss entspringt im Mecklenbruch und mündet nach 17 Kilometern in Holzminden in die Weser. Im Oberlauf wird er volkstümlich auch als Rotes Wasser bezeichnet. Die Rot- bzw. Braunfärbung des Wassers erfolgt durch mehrere Torfmoosarten im Mecklenbruch.  Hier oben ist das Gewässer noch ziemlich klein und für uns kaum wahrnehmbar. Durch den Wald geht es, vorbei an einer kleinen Kläranlage, an der wir ein nettes Gespräch mit dem Verantwortlichen hatten, zur Siedlung Silberborn. Der Ort entstand Ende des 18. Jahrhunderts im Rahmen der Errichtung einer Glashütte. Die Einsamkeit, in der er die ersten Jahre und Jahrzehnte gelegen haben muss, lässt sich heute kaum noch erahnen. Der fast 700 Einwohner zählende Ort Silberborn ist an seiner schmalsten Stelle schnell durchquert. Auch hier führten wir ein kurzes, interessantes Gespräch mit einem Einheimischen, der mit seinem Hund unterwegs war. Wanderern waren bis dahin nicht begegnet und das änderte sich im weiteren Verlauf der Tour auch nicht.

Am Campingplatz Silberborn erwartet uns der Skulpturenpfad, an dem wir einiges erfahren über das Leben, dass die Menschen früher (nicht nur) im Hochsolling führten. Kulturfrauen, Waldarbeiter, Töpfer, Köhler, Mollenhauer und Glasmacher waren hier unter anderem tätig. Ein Wilddieb, der Räuber Hackelberg und der Moorgeist dürfen nicht fehlen. Vor uns liegt bereits das Naturschutzgebiet Mecklenbruch, wir gehen erst noch einmal rechts herum zum Hochseilgarten TreeRock. Dann geht es noch einmal durch den mehr oder weniger vorhandenen Wald zu einer schönen Lichtung mit Rastplatz und Infotafeln. Das Naturschutzgebiet wurde 2019 mit den Naturschutzgebieten Hellental, Vogelherd und Torfmoor zum Naturschutzgebiet “Moore und Wälder im Hochsolling, Hellental” zusammengefasst. Zuerst gehen wir noch auf einem Pfad, dann weiter auf einem Holzbohlenweg. Diese Wege sind in vielen Mooren und Feuchtgebieten obligatorisch und geben dem Besucher das Gefühl des Besonderen. Das Mecklenbruch ist ja auch etwas Besonderes, denn wenngleich in Niedersachsen 73 Prozent der deutschen Hochmoore liegen, so befinden sich nur wenige davon im Bergland. Das Mecklenbruch, über Jahrtausende gewachsen, wurde in wenigen Jahrzehnten durch Entwässerung und Torfabbau zerstört und es wird noch sehr lange dauern, bis es annähernd seine einstige Mächtigkeit wiedererlangt. Die Renaturierung hat aber schon vieles bewirkt und so gibt es auch bereits wieder zahlreiche seltene und schützenswerte Pflanzen, wie zum Beispiel die Rosmarinheide, die Moosbeere, das Scheidige Wollgras oder den Rundblättrigen Sonnentau.

Der Hochsollingturm

Der Hochsollingturm

Darüber und über vieles mehr bekommen wir am mitten im Moor gelegenen Aussichtsturm, der uns einen fantastischen Blick über das Sattelmoor bietet. Das ist der Kern der heutigen Wanderung und sollte ausgiebig genossen werden. Danach geht es noch etwas auf Bohlen weiter, schließlich auf einem der breiten Mittelbergstraße zum Wanderparkplatz Mecklenbruch. Ein Stück gehen wir parallel zur Landstraße, dann biegen wir in den Wald ab. Vom Teilgebiet “Torfmoor” des neuen Naturschutzgebietes “Moore und Wälder im Hochsolling, Hellental” bekommen wir nicht viel mit. Am Panoramaweg, am Waldrand des Moosberges, erwartet uns als Nächstes ein Rastplatz mit Köhler-Schutzhütte. Kurz darauf erhaschen wir noch einen Ausblick in Richtung Köterberg und können an einem Steinhaufen eine Rast einlegen. Durch das Waldstückchen wandern wir weiter zum Hochsollingturm, der die letzte Möglichkeit zur Rast bietet. Wie so oft waren wir zu faul, um uns den Aufstieg auf den Turm noch zu geben. Bei mir spielt auch der Umstand eine Rolle, dass ich durch das Wohnen in einem kleinen Hochhaus und durch das Wandern schwindelfreier geworden bin, mir solche offenen, hohen Konstruktionen aber immer noch nicht so recht gefallen. Von oben wird man wohl einen sehr schönen Fernblick in alle Richtungen genießen dürfen. Wenn wir alles erledigt haben, geht es die letzten paar Meter auf den Försterstieg, der uns zurück zu unserem Ausgangspunkt bringt.

Am Ende eines Tages...

Tja, wir haben es wie gesagt nicht bereut, unsere durch die Vergangenheit bedingten, geringen Erwartungen wurden durch das mittlerweile schön renaturierte Moor sogar übertroffen. Die Wälder und Wege des Tages waren auch ziemlich nett. Da kann ich persönlich zwar keine unbedingte Empfehlung abgeben, die Wanderung aber auch nicht madig quatschen. Jeder hat seine persönlichen Vorlieben und viele Menschen werden diesen Wanderweg oder den mit 21 Kilometern viel längeren HS1 – Sollinghöhen als äußerst wanderbar empfinden.

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