Am Wasserbaum Ockensen

Am Wasserbaum Ockensen

Endlich, endlich, endlich ist es wieder so weit. Ohne Auto war ja jahrelang “nur” die Wanderung von Coppenbrügge möglich, jetzt können wir alle Rundwanderungen am Ith wiederholen, die wir uns zusammengebastelt haben. Welche Zeit ist (nicht nur) am Ith die schönste? Der Lenz! Und wir haben ihn perfekt erwischt. Wer Bock hat, kann in Ockensen vorab oder vielleicht eher hinterher der Mosterei Ockensen mit angeschlossenem Scheunencafe einen Besuch abstatten. Aber erstmal zum Wandern. Uns erwartete die erste Überraschung gleich beim Erreichen des Wasserbaums in Ockensen. Eine übereifrige Behörde hatte wegen der “Corona-Katastrophe” das gesamte Gelände mit Flatterband abgesperrt, weil – ja, warum eigentlich? Na ja, egal. Parken darf man hier immerhin noch und das Wandern ist auch noch erlaubt. Der Rest – nicht mein Schützenfest. Eine Infotafel gibt Aufschluss über die Geschichte des Wasserbaumes, der in weitem Umkreis seinesgleichen sucht. Gleich zum Anfang: Es gibt am Ith eigentlich immer irgendwelche kleinen Schwierigkeiten, die man vorab wissen sollte. Da wir mehr oder weniger lange Rundwanderungen machen werden, ist es so, dass wir auf einigen Wegen gehen werden, die nicht als Wanderwege ausmarkiert sind und die teilweise nicht einmal als Wege auf Karten wie der OpenStreetMap auftauchen. Auf dieser Tour gibt es zum Beispiel einen kurzen, noch schönen Weg etwas weiter hinter der Obstbaumwiese, der gangbar ist, sich in den nächsten Jahren aber vielleicht verändern könnte. Alternativen gibt es kaum, außer man möchte gefühlt stundenlang den Forststraßen folgen.

Ebenso muss man die letzten 100 Meter des Aufstiegs zum Ithkamm an der Straße gehen bzw. hinter der Leitplanke an der Straße. An den Bäumen sind aber Schilder des Ith-Hils-Weges, so dass es sich wohl um einen offiziellen Weg handelt. Ebenso kann es nach Stürmen im Frühjahr sein, dass einige Bäume auf dem Ithkamm liegen, die überstiegen oder überklettert werden müssen. Abschließend ist der Abstieg vom Kamm nach Ockensen der vielleicht steilste am Ith. Hier sollte man besondere Vorsicht an den Tag legen. Hört sich aber alles schlimmer an, als es ist. Wir sind ja auch nicht mehr die Jüngsten und haben es überlebt. Aber los geht’s! Vom Parkplatz steigen wir auf zum Ockenser Berg, am Wegesrand erwartete uns bereits der erste Bärlauch, der gefühlt alle geeigneten Plätze belegt. Ein paar Blätter für später einstecken und weiter geht es. Am oberen Parkplatz biegen wir auf einen kleinen Pfad ab, der uns durch einen freundlichen Wald führt, in dem schon zahlreiche Frühblüher warten. Dann geht es hinaus zum Waldrand und zu einer Streuobstwiese mit Bank. Hier hat man einen Ausblick zum Thüster Berg und zum nahezu abgetragenen, vorgelagerten Bockshorn. Der Thüster steht auch schon seit langem auf der Hike-again-Liste, aber auch der hat abseits seiner offensichtlichen Schönheit ein “Wegeproblem”. Hinter der Obstwiese geht es in die Feldmark, dann an einer Weide bergauf und in den Wald. Der Weg hier taucht nicht auf der Karte auf, ist aber vorhanden. Zuerst geht es durch ein Bärlauchmeer, dann auf einem etwas verkrauteten Pfad zum Hauptweg. Sollte dieser irgendwann verschwinden, haben wir ein Problem. Auf dem breiteren Hauptweg, der folgt, geht es zum Waldrand, der reich strukturiert ist und wieder einen schönen Ausblick bietet.

Nichts grünt so wie der Bärlauch

Nichts grünt so wie der Bärlauch

Der Schwarzdorn steht in voller Blüte, das Wiesen-Schaumkraut beginnt seine Blüte und auch die ersten Obstbäume öffnen vorsichtig die Knospen. Eine herrliche Zeit. Wir erreichen die Fischteiche an der Josser Beeke. Ein nettes Plätzchen für eine Pause mit Schutzhütte, Bänken, einem Wasserbaum in Miniatur und gewaltigen Bäumen. Leider haben wir die nicht näher in Augenschein genommen, aber es könnte sich wohl um eine Mammutbaumart handeln. Nicht auf die Frösche treten, die zum Laichgewässer ziehen und wieder geht es hinaus in die Feldmark. Auch hier bieten Bäume und Sträucher ausreichend Struktur, damit es gar nicht erst langweilig werden kann. Sieht man sich die wenigen Marker auf der Karte dieser Tour an, könnte man meinen, sie wäre recht ereignislos. Das ist aber mitnichten so. Es gibt dieses Mal halt mehr “Kleinigkeiten” am Wegesrand als ausgewiesene Großsehenswürdigkeiten. An der nächsten Kreuzung geht es wieder in den Wald. Auf schmalem Pfad erreichen wir einen breiteren, befestigten Weg durch freundlichen Wald, der uns zum Einstieg in den Aufstieg bringt. Der Zuweg zum Kamm ist mittlerweile offiziell als Zuweg zum Ith-Hils-Weg gekennzeichnet und wird darum etwas besser freigehalten. Schmal führt der Weg parallel zur Straße zum Kamm, wobei der Aufstieg noch recht gemächlich vonstattengeht. Die letzten hundert Meter muss man sich ein wenig innen an der Leitplanke “hochhangeln”, dann ist es geschafft und wir sind auf dem Ithkamm und gleichzeitig am Ith-Hils-Weg angekommen. 

Der Ith, der Hils und die anderen...

Der noch recht junge und doch schon mehrfach berechtigterweise als Qualitätsweg ausgezeichnete Ith-Hils-Weg ist ja eigentlich ein Ith-Hils-Steinberg-Reuberg-Duinger Berg-Thüster Berg-Weg. Natürlich musste man den Namen des ungefähr 80 Kilometer langen Weges auf eine kurze Formel herunterbrechen. Der Hils ist unserer Erfahrung nach allerdings ein (leider) sehr unschön anzusehender und zu begehender Höhenzug. Wie oft haben wir versucht, hier wandern zu gehen und sind von einer Katastrophe in die nächste gestolpert? Auf der Satellitenkarte oder von den Ithwiesen aus kann man sehen, dass der Wald des Hils eine arg gebeutelte Struktur aufweist. Viele Fichten, viele Kahlschläge, breite Wege und mehr an Mühsal für den Genusswanderer. Entstanden ist diese Waldlandschaft, für die sich der Mensch verantwortlich zeigt, wohl durch die im und rund um den Hils angesiedelte Industrie und den Bergbau. Da eine Überquerung des Hils für einen solchen Rundweg wie den Ith-Hils-Weg kaum zu vermeiden ist, haben die Betreiber hier wenigstens den Weg des geringsten Übels gewählt. Der Höhenweg ist wanderbar und auch die Landschaft um Kaierde ist die vielleicht schönste am Hils. Die anderen Höhenzüge des Rundwanderweges, wie der Reuberg und der Duinger Berg, sind allerdings alle wanderbar und weisen jede Menge fantastische Höhenwege und sehenswerte Waldlandschaften auf. So ist auch aus unserer Sicht der Ith-Hils-Weg ein wunderbarer Wanderweg, der sich nicht vor großen Namen verstecken muss und der gerade die begeistern wird, die einen ruhigen und ursprünglichen Weg suchen, der aber durchaus Atemberaubendes zu bieten hat.

Mein Gott - wie geil...

Mein Gott – wie geil…

Der Ithkammweg ist auf seinen etwa 28 Kilometern Länge kein einheitlicher Kamm- und Höhenweg, sondern präsentiert sich so abwechslungsreich wie möglich. Er spottet im positiven Sinne jeder handelsüblichen Beschreibung. Alles ändert sich in regelmäßigen Abständen. Felsen, Vegetation, Relief, Wald, Flora – alles ist im ständigen Wandel und lässt keinerlei Langeweile aufkommen, wenngleich wir trotzdem froh sind, dass wir den Ith mittlerweile auf Rundwanderungen durchstreifen. Was dominiert diese Etappe? Bärlauch, Lerchensporn, Bäume, Felsen, Aussichten. Im Grunde ist der Kammweg im Frühling eine dauerhafte Reizüberflutung. Man weiß nicht, wo man zuerst und zuletzt hinschauen soll und wenn man sich an jeder Kleinigkeit am Wegesrand erfreuen kann, kommt man nicht weit bzw. schnell voran. Das verhindern auch die Wege, die nicht einmal von Mountainbikern genutzt werden können. Nahezu alle Frühblüher geben sich im bunten Reigen ein Stelldichein. Neben den dominierenden Arten Bärlauch und Lerchensporn finden sich ebenfalls in großer Zahl das Buschwindröschen und das Gelbe Windröschen. Verstreut findet sich aber auch zum Beispiel Lungenkraut, Lichtnelke, Fetthenne, Moschuskraut, verschiedene Veilchen, Taubnessel, Frühlings-Platterbse, beide Schlüsselblumenarten, verblühte Reste von zum Beispiel Märzenbecher und Seidelbast und für das geübte Auge noch viel mehr. Aber auch der Blick abseits des Bodens ist lohnenswert. Die Buche mag an den meisten Standorten dominieren, aber die Vielfalt an Bäumen ist erstaunlich. Ahorn, Ulme, Linde, Esche, Eiche – nur einige der Baumarten, die den Wald am Ith mitgestalten. Das alles und viel mehr trägt dazu bei, dass gerade jetzt im Frühling hier reger Andrang herrscht und man schon großes Glück haben muss, um kaum jemandem zu begegnen. Viel mehr möchte und kann ich dazu gar nicht schreiben, denn den Ith kann man nur erleben und wenn überhaupt, sagen die Fotos in der Galerie mehr als tausend Worte, die ich mir hier noch aus den Fingern sauge. Am Ende dieser Etappe wird es etwas knifflig und “gefährlich”, man muss sogar eine kleine, weglose Felsbarriere hinunterklettern, rutschen oder beherzt springen. Nach dem letztendlichen Verlassen des fantastischen Kammwegs geht es dann auf einem sehr steilen Weg zu unserem Ausgangspunkt am Wasserbaum Ockensen hinab, den wir hoffentlich vollkommen befriedigt und mit heilen Knochen erreichen.

Am Ende eines Tages...

… bleibt nichts zu sagen. Ein kurzer, sehr kurzer, viel zu kurzer Beitrag und dennoch ist alles gesagt. Der Ith muss, kann, soll, will, darf selbst erlebt werden. Da kann man ausschweifend erzählen, Gedichte kreieren, in Poesie schwelgen, alte Sagen präsentieren wie man will. Kommt hierher, geht, seht, hört, staunt und genießt, was die schöpferische Kraft kostenfrei für uns bereitgestellt hat…

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