Blick zum Thüster Berg

Blick zum Thüster Berg

Dieses Mal geht es auf eine recht kurze Runde, darum auch eine eher kurze Beschreibung. Ich habe mir überlegt, ob wir diesen Weg vielleicht bis hinter das Naturschutzgebiet Sollberg verlängern sollen, um die Etappen der Ith-Runden etwas gleichmäßiger aufzuteilen, mich aber letztendlich dagegen entschieden. Da wir bei der ersten Begehung des gesamten Ith 2014 immer mehrere Abschnitte hintereinander weggewandert hatten, war eine kürzere zwischendrin immer ganz gut, um ein wenig zu verschnaufen von der paradiesischen Mühsal. Da ich mich dieses Mal gleich auf der zweiten Etappe des Höhenzuges, der ersten des Jahres 2020, mal so richtig schön langgemacht und dabei einige Schürfwunden davongetragen hatte, war das umso besser und wohltuender. Denn wenn man so langsam in die Jahre kommt, bietet auch diese kurze Route ausreichend Härte. Aber für den Ith und seine einmaligen Wege nehmen wir gerne alles Erdenkliche in Kauf. Damit es nicht langweilig wird, sind wir dieses Mal diese Etappe andersherum gelaufen. Das kann selbstverständlich jeder halten wie er will. Der Parkplatz am kleinen Weiler oder Vorwerk Hakenrode ist mein persönlicher Lieblings-Parkplatz und das nicht nur am Ith. Ich starte und ende gerne dort. Außerdem gehe ich am liebsten doch den Kammweg des Ith zum Schluss, so dass mein persönlicher Vorschlag auch so lauten würde. Hakenrode – Ockensen – Ithkamm – Hakenrode. Sehr vernünftig ist es auf jeden Fall, den Zugang zum Ithkamm bei Ockensen aufwärts statt abwärts zu gehen, denn der ist wirklich sehr steil und hinunter kann es da schon mal ganz schön knifflig werden.

An der Stelle kann ich auch gleich noch eine kleine Eigenart des Höhenzuges erwähnen. Im Ith, nicht nur am Kamm, liegt eigentlich ganzjährig viel Laub auf etlichen Wegen bzw. Wegabschnitten. An manchen Stellen entlang des Höhenweges türmen sich regelrechte Laubverwehungen auf, durch die sich nicht einmal der Bärlauch kämpfen kann. So etwas haben wir in dem Umfang noch nirgends anders erlebt. Auf den Wegen selbst findet man oft sehr klein “geriebene” Laubreste, die selbst bei trockener Witterung glatt wie Schmierseife sein können. Das ist einerseits eine faszinierende Eigenart, mahnt aber auch an manchen Stellen, wie zum Beispiel bei einem eventuellen Abstieg nach Ockensen, zu vorsichtiger Fortbewegung. Los geht es wieder auf einem der Parkplätze am Wasserbaum Ockensen. Wir parken zwar immer unten, aber wegen der Übersichtlichkeit auf der Homepage-Karte habe ich dieses Mal den oberen Parkplatz gewählt. Hier gibt es ebenfalls eine Infotafel und zwei Bänke, von denen man eine tolle Aussicht auf die Landschaft zwischen dem Ith und dem Thüster Berg hat. Von dort aus geht es direkt und ohne Verzögerung erst noch gemächlich, dann etwas steil, dann die letzten Meter auf einer brettsteilen Rampe zum Höhenweg des Ith. An einem kleinen Steinbruch kann man auf den bereitgestellten Stämmen dann erstmal verschnaufen, bevor man das Wanderparadies betritt. Das beginnt dann gleich mit einem Felsen der Dohnsener Klippen, die uns heute auf nahezu dem ganzen Weg begleiten werden. Ein Grenzstein der ehemaligen Grenze zwischen dem Königreich Hannover und wohl dem Herzogtum Braunschweig (ich habe mir die andere Seite nicht angesehen) ist trotz Efeubewuchs auf dem Fels zu erkennen. Am diesseitigen Hang des Höhenzuges tritt man dann zur rechten Zeit, wie fast überall am Ith, in einen wahren Frühlingsmärchenwald. Alles was “Rang und Namen” hat unter den Neophyten ist hier vertreten.

Blick ins Ithvorland

Blick ins Ithvorland

Am Anfang des Weges dominiert aufs Prächtigste der Lerchensporn, dann gesellen sich viele andere hinzu, wie Bärlauch, Buschwindröschen, Gelbes Windröschen und so weiter und so fort. Der Märzenbecher ist bereits verblüht und auch der sowieso nicht leicht auszumachende Seidelbast hat den Lenz weitestgehend hinter sich. Der Pfad ist auf der heutigen Strecke komplett genial und windet und schlängelt sich an vielen Stellen durch die Felsen und die Blümchen. An der Stromtrasse hat man eine erste, durch die Kabel etwas eingeschränkte Aussicht. Was man sieht? Die Landschaft zwischen dem Ith und dem nicht fernen Weserbergland. Rechter Hand erkennt man die Kühltürme des Kernkraftwerks Grohnde, links daneben die Windkraftanlagen, die dazu beitragen sollen, selbiges zu ersetzen. Man mag mich für einen Dinosaurier halten und ich weiß, dass die Kernkraft auf langfristige Sicht nicht die geeignete Wahl zur Energieerzeugung ist, aber die momentan gesellschaftlich weitestgehend anerkannten, regenerativen Energien sind es wohl eher auch nicht. Je nach Quelle werden als Ersatz für ein Kernkraftwerk verschiedene Angaben gemacht. Der Mittelwert liegt irgendwo zwischen 500 und 750 Anlagen. Als Liebhaber unserer Landschaften ist diese Zahl schwer erträglich. Die Kernkraft hat sich weiterentwickelt, andere Länder gehen den alten Weg oder neue, aber andere Wege. In unserem Land scheint aus meiner Lebenserfahrung heraus eine Verhaltensweise sehr ausgeprägt zu sein: Das sture Gehen eines Weges bis zu seinem Ende, auch wenn es ein Irrweg sein könnte. Nur mal über eine andere Möglichkeit nachzudenken und dann abzuwägen, das würde mir persönlich schon genügen.

Wallensen - von der Stadt zum Flecken

Wenn man durch Wallensen fährt, hat man das Gefühl, sich in einem besonderen Ort zu befinden. Der Ortskern ist wirklich schön und erweckt den Eindruck, dass der Ort in früheren Zeiten mehr als nur “irgendein” Dorf gewesen sei. Und das war auch so. Die Kirchgründung geht ungefähr auf das Jahr 900 zurück. 1068 erfolgte die erste urkundliche Erwähnung des Ortes, als König Heinrich IV. dem Hildesheimer Bischof Hezilo die Grafschaftsrechte im Gudingau erteilte. Auf einer nahegelegenen Burg, der “Walburgon”, lebten homburgische Vasallen. Über die Edelherren von Homburg ist nicht viel bekannt. Ende des 13. Jahrhunderts befand sich auf jeden Fall Wallensen, das 1351 die Stadtrechte erhielt, in ihrem Besitz. Um 1400 war Wallensen, das im Quadrat erbaut war, von einer Mauer mit Wall und Graben umgeben und besaß drei Stadttore. Durch Fehden der Homburger, eine Seuche und einen Großbrand wurde Wallensen weitestgehend zerstört, fiel wohl sogar nahezu wüst und konnte den Status einer Stadt nicht aufrechterhalten. Im 16. Jahrhundert erholte sich der Ort, der ab 1525 wieder als Flecken bezeichnet wurde, trotz zweier weiterer Brände, konnte sich aber in den folgenden Jahrhunderten nicht mehr vollständig von den zahlreichen Rückschlägen erholen. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts erfuhr Wallensen dann wieder etwas mehr Aufschwung durch den Abbau von Braunkohle in der Gegend und die Gründung einer Molkerei. 1965 schloss die Molkerei und 1966 endete schließlich auch die Bergbaugeschichte des Ortes, der im Lauf der Zeit verhältnismäßig viel erlebt hat.

Der Frühling überzieht fast alles mit einem bunten Teppich der schöpferischen Kreativität. Ein schmaler, sich mal nach links, mal nach rechts, mal nach oben, mal nach unten schlängelnder Trampelpfad entlang mehr oder weniger beeindruckender Felsgebilde ist der Kammweg hier. Von Vorsprüngen hat man immer wieder Aussichten in das westliche Vorland des Höhenzuges. Alte Veteranen des Buchen-Ahorn-Eschenwaldes stehen häufig an der Kante. Dann erreichen wir die Felsformationen rund um die Hammerslust, die zu den beeindruckendsten im Naturschutzgebiet Ith gehören. Das ist einfach ein Knaller, anders lässt es sich nicht in Worte fassen. Auch danach bleibt es felsig auf dem genialen Pfad, den wir am nächsten Abzweig in Richtung Hakenrode verlassen. Dieses Mal nur eine recht kurze Strecke auf dem Kamm, die aber trotzdem vom Erlebniswert für einen ganzen Wandertag reicht. Der Abstieg nach Hakenrode ist relativ gemäßigt, beißt sich nicht in die Schienbeine und Knie wie der bei Ockensen. Dafür muss man an zwei Stellen seit einigen Jahren schon einen Limbo tanzen, weil zwei dicke Bäume über den Weg gefallen sind. Der Weg ist ein Hohlweg, die Bäume sind zu hoch zum Überklettern, zu niedrig zum Unterwandern – jeder findet seine Methode. Am Waldrand erwartet uns das schöne östliche Vorland des Ith. Die Landschaft zwischen Ockensen und Hakenrode und darüber hinaus hat schon was und wir dürfen sie heute erleben. Bäume und Sträucher geleiten uns zum Wanderparkplatz Hakenrode, den ich wie gesagt, als Ausgangspunkt immer nur empfehlen kann. Idyllisch liegt Hakenrode wie natürlich gewachsen in dieser Landschaft. Man kann den Abstecher nach Wallensen weglassen und einen der anderen Wege nach Ockensen nehmen, aber ich würde davon abraten.

Naturschutzgebiet Im Heidsieke

Naturschutzgebiet Im Heidsieke

Ein Stück weit geht es zurück zum Ith, dann auf einem Grasfeldweg in Richtung Naturschutzgebiet Sollberg. An der Kreuzung biegen wir zweimal nach links ab, um dann in Richtung Horst zu gehen. Durch die Sträucher, es handelt sich größtenteils um den zur rechten Zeit alles weiß einfärbenden Schleh- oder Schwarzdorn, erreichen wir die kahle kleine Erhebung des Horst, von der aus man einen schönen Rundum-Überblick über die Umgebung hat. Zwischen den Höhenzügen der Umgebung kann man bei guter Sicht sogar den Brocken erspähen. Über eine Wiese geht es jetzt hinab nach Wallensen. Das seltsam anmutende Viereck aus Backsteinen auf dem Weg nach Wallensen ist der kleine jüdische Friedhof des Ortes, was ich auch erst bei den Recherchen nach der Wanderung erfuhr. Schade, dass wir an dem Tag zu faul waren oder nicht neugierig genug, um die paar Meter noch zu gehen. Wir erreichen das Ehrenmal der Gefallenen des Ersten Weltkrieges vor dem Panorama des Ith. Wer mag, kann noch einen Abstecher in den sehenswerten Ortskern unternehmen. Ein Birkenweg führt uns an den Rand des Ortes, nach ein paar Metern auf der Kreisstraße 11 wenden wir uns in die Feldmark. Ein recht karger Weg führt uns über einen Hügelkamm, der interessant aussieht, aber keinen Weg für uns bereithält. Also geht es auf der anderen Seite wieder hinab in das Tal zwischen dem Ith und dem Hügel und dann auf einem gefälligen Weg in Richtung des Wasserbaumes. Das im Vergleich zum Naturschutzgebiet Ith winzig anmutende Naturschutzgebiet Im Heidsieke verbirgt seine Besonderheiten vor den Augen vorbeiziehender Laien wie uns. Es handelt sich hierbei um ein Kalkflachmoor mit seinen charakteristischen und sehr seltenen Pflanzen. Aus der Entfernung ist es einfach ein landschaftlich schöner Abschluss für eine sehr abwechslungsreiche Wanderung.

Am Ende eines Tages...

Anscheinend bin ich momentan ein wenig schreib- und/oder denkfaul, so das ich recht kurze Beiträge über eine solch fabelhafte Gegend wie den Ith präsentiere. Da ich also wieder mal jede Menge vergessen habe während des Schreibens, sei hier am Ende noch einiges erwähnt. Das NSG “Ith”, das auch heute den Tag bestimmt, ist selbst in Niedersachsen flächenmäßig gerade so in den “Top Ten”, aber es ist wohl eines der wenigen Schutzgebiete nicht nur “bei uns” in Niedersachsen, das einen kompletten Höhenzug unter Schutz stellt, der seinesgleichen sucht. Des Weiteren gibt es zwar keine Einkehrmöglichkeit am Weg, in Ockensen findet man aber die Mosterei und ein angeschlossenes Scheunencafe. Eine ebenfalls sehr interessante Site ist “Ith-Sagen.de”, wo in Podcasts von etlichen Sagen und auch Göttern des Höhenzuges berichtet wird. Auf den Seiten des relativ jungen “Ith-Hils-Weges” findet man zahlreiche Informationen zu einem vielleicht noch recht unbekannten, aber in weiten Zügen faszinierenden Rundwanderweg. Allzeit ein Fußbreit festen Bodens unter den Füßen…

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