Die Rühler Schweiz, eigentlich der westliche Teil des Voglers, ist eine 14 Quadratkilometer große, historische Kulturlandschaft. Die offene, teils parkähnliche Landschaft ist geprägt von sehr vielen Kirschbäumen. Teils wurde wohl vom nahegelegenen Kloster Amelungsborn aus Weinbau betrieben, siehe Naturschutzgebiet “Weinberg” bei Rühle. Ebenso gab es wohl auch einen Nutzungsübergang von Ackerbau und Viehwirtschaft in Obstanbau. Egal, wie und warum, ist die Rühler Schweiz ein kleines Wanderparadies. Dies haben wir schon auf der Wanderung im östlichen Teil der Rühler Schweiz (Beitrag korrigiert) bemerkt und der westliche Teil des Gebietes steht dem in nichts nach. Woran es hier kurioserweise mangelt, sind anständig ausgewiesene Wanderwege. Darum sind wir ein wenig stolz, dass wir jetzt nach wenigen Anläufen zwei eigene Wanderungen gefunden haben, die nahezu die gesamte Rühler Schweiz umfassen. Jetzt aber los! Vom Aussichts-Parkplatz an der Landstraße geht es bergab ins kleine, hübsche Lütgenade, wo man am Dorfplatz eine erste Rast einlegen kann, vor allem, wenn man wie wir eine durchaus nennenswerte Anreise hatte. Vom Dorf geht es dann durch die Feldmark zum Höhenzug des Äpeltern, der auf den ersten Blick unscheinbar wirkt, es aber durchaus in sich hat. Im Frühjahr/Sommer sind die Wiesen teils blütenreich und es ergeben sich tolle Ausblicke in die Umgebung, bis hinüber zum nahen Köterberg, dem “Brocken” des Weserberglandes. Es geht hinunter in Richtung des an einer Weserschleife gelegenen Reileifzen, das wir aber nicht ganz erreichen, weil wir vorher abbiegen. In diesem Bereich fanden wir die ersten Exemplare des Stattlichen Knabenkrauts, das uns aber noch öfter an diesem Tag begegnen sollte.

Grave, die Weser und die Klippen am Mühlenberg

Grave, die Weser und die Klippen am Mühlenberg

Wenngleich die folgenden Wege teils geschottert, teils asphaltiert sind, sind die von mir so bezeichneten Dölmer Alpen ein toller Teil der Rühler Schweiz. Es erwartet uns eine parkähnliche Landschaft mit einem hohen Anteil an blühenden Sträuchern und vor allem Kirschbäumen. Das garantiert ein optimales Wandererlebnis im gesamten Frühjahr. Strahlender Sonnenschein ist ein Bonus, der das Erlebnis aber noch einmal vervielfacht. Man kann beschreiben, wie und was man will, ich liebe solche Landschaften. Auf der Nordseite des Äpeltern wandern wir hinauf zur Südseite des Wisselberges, dann gehen wir fast hinunter bis nach Dölme, von wo aus wir die Weserklippen an der Steinmühle bewundern können. Dann geht es auf der Nordseite des schönen Wisselberges wieder hinauf. Eine reich strukturierte Landschaft macht das ganze Hin und Her, das Auf und Ab zu einem tollen Wandererlebnis. Ab und zu fanden wir am Wegesrand einige prächtige Exemplare des Staatlichen Knabenkrauts. Als nächste Landmarke erreichen wir die Schutzhütte am Hangbergblick. Leider gelangen mir hier wegen des extremen Gegenlichts kaum anständige Fotos. Herrlich ist die Aussicht und die Hütte lädt zur letzten Rast des Tages ein. Um die Ecke stand bei unserem Besuch noch einmal ein großer Bestand des Stattlichen Knabenkrauts und versüßte uns den Abschied von einer wirklich rundum zufriedenstellenden, wenn nicht gar glücklich machenden Wanderung. Nach wenigen hundert Metern erreichen wir schließlich unseren Ausgangspunkt an der Landstraße.

Die Rühler Schweiz

Die Rühler Schweiz, wie eine eigenständige Landschaft wirkend, ist eigentlich der westlichste Teil des Voglers und wird als Kulturlandschaft von landesweiter Bedeutung eingestuft. Zwischen den Orten Rühle, Reileifzen, Lütgenade, Warbsen und Golmbach gelegen, hat sich diese Landschaft über die Jahrhunderte einen eigenen, etwas abseitigen Charme erhalten können. Ob bereits die hier ansässigen Germanen der Landschaft ihre Prägung verliehen oder die im 11./12. Jahrhundert durch den Hildesheimer Bischof angesiedelten, flandrischen Einwanderer, kann wohl nicht mehr gänzlich ergründet werden. Wohl durch den hier anliegenden Kalkstein war dieser Teil des Weserberglandes auf jeden Fall für eine Kultivierung als Weide- und Obstbaumwirtschaft besonders geeignet und so ist der Frühling die “beste” Reisezeit, wenn die zahlreichen Kirschbäume die Landschaft in strahlendes Weiß tauchen. Am vorletzten Wochenende im April findet in mehreren Orten das Kirschblütenfest statt, an dem man sich auch über Streuobstwiesen und Landwirtschaft informieren kann. Mehrere Obsthöfe in der Gegend produzieren Produkte rund um die Kirsche, unter anderem auch Kirschwein.

Am Ende eines Tages...

Wow! Einen kürzeren Wander-Beitrag habe ich wohl noch nicht geschrieben. Aber keine Angst. Er wird der Erlebnisdichte der Tour nicht ansatzweise gerecht. Zur rechten Zeit, zur Kirschblüte, bei Sonnenschein, ist das ein wirklich geniales Erlebnis und steht der Wanderung in der östlichen Rühler Schweiz in nichts nach. Das ist und bleibt eine ganz besondere Landschaft innerhalb des Weserberglandes.

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