An der Weser grünem Strande

An der Weser grünem Strande

Wenn wir überhaupt behaupten können, irgendwelche “Geheimtipps” parat zu haben, dann ist die Gegend zwischen Heyen und Linse auf jeden Fall einer der heißesten Anwärter. Mittlerweile waren wir jetzt das dritte Mal hier und haben, nachdem wir jedes Mal etwas anders gegangen sind, (fast) den für uns optimalen Weg gefunden. Für das nächste Mal ist nur eine kleine Veränderung im Bereich des Kruckberges geplant, die ich auf der unten angeklebten Karte als Alternativroute markiert habe. Die Wanderung würde sich damit um ungefähr einen Kilometer verlängern, dafür aber auch noch einige weitere Erlebnisse bieten. Da wir etwas muckliges Wetter gegen Ende bekamen und es auch genau in dem Moment, als wir ins Auto stiegen, zu regnen anfing, war die Entscheidung nicht die schlechteste, diesen Teil dieses Mal noch wegzulassen. Die Überschrift “Bodenwerder – Heyen…” ist mal wieder etwas missverständlich, aber wie schon im letzten Beitrag erwähnt, nehme ich als Beginn abseits von Orten in der Regel den nächstgelegenen Ort als Start- und Zielort. Heyen erreichen wir auf dieser Tour eigentlich auch überhaupt nicht, wir sehen den Ort nicht einmal, aber ich bin jetzt einfach mal zu faul, das noch zu ändern. Diese kleinen, etwas abseitig gelegenen Wandergegenden sind uns irgendwie immer die Liebsten. Es gibt zwar überall kleine Rundwege und auch den Weserberglandweg erwandern wir streckenweise, aber die gesamte Route des Tages umfasst mehr, als die einzelnen Wege hergeben. Das ist eine liebliche, abwechslungsreiche Landschaft, eine Strecke an der Weser, schöne und stille Wälder, schmale Pfade, zur rechten Zeit etliche botanische Erlebnisse, ein wenig Kulturhistorie und noch mehr auf einem recht kurzen Weg, der sich unserer Erfahrung nach kaum noch sinnvoll verlängern ließe.

Das Weserbergland hat viele wanderbare Erlebnisse zu bieten und es gibt garantiert viele mehr begangene Wege zwischen Hannoversch Münden und der Porta Westfalica. Etliche dieser “Standardrouten” kennen und lieben wir auch und werden hoffentlich noch viele von ihnen ein oder mehrmals wiederholen können. Diese Runde bei Bodenwerder gehört für mich wegen der Vielfalt der Erlebnisse trotzdem zu den schönsten Routen im Bergland der Weser. Los geht es auf dem Parkplatz in Ufernähe des Flusses. Ein recht optimaler Start, da man erstmal flach die Muskeln aufwärmen kann, das Pflaster laufen am Anfang hat und danach weitestgehend auf naturbelassenen Wegen geht. Allzu spät sollte man nicht hier erscheinen, denn selbst wenn alle versuchen würden, möglichst optimal zu parken, steht nur eine Handvoll Plätze zur Verfügung. Bei unserem Besuch waren schon einige Leute mit Hund oder Kind unterwegs und mit Wasserkanistern, um sich an einer der Quellen am Hang zu bedienen. Der rechts gelegene Heiligenberg ist, wie eine Infotafel berichtet, ein besonderer Berg, der als Refugium seltener Tiere und Pflanzen dient und geologisch bedingte Besonderheiten aufweist. Nach wenigen hundert Metern erreichen wir auf dem asphaltierten Weg durch einen schönen Wald bereits das Naturschutzgebiet Weserniederung am Heiligenberg. Dieses beinhaltet auch die naturnahen Bachläufe, Quellbereiche und Kalktuffquellen des Heiligenberges, von denen wir vom Weg aus einige Eindrücke erhalten. Da spürt man den harten Belag gar nicht wirklich, sondern ist mehr damit beschäftigt, den Blick immer wieder in die schöne Niederung schweifen zu lassen oder zu dem auf der anderen Seite gelegenen Berghang. Hinter den Quellen und Felsformationen treten wir aus dem Wald und gelangen in eine offenere Landschaft. Die Weser zeigt sich hier von einer ihrer besten Seiten, der Blick wird angezogen vom Flussverlauf, dem wir bis zum spannend erscheinenden Weinberg bei Daspe folgen können.

Im Wald des Heiligenberges

Im Wald des Heiligenberges

Beschwingt erreichen wir eine kleine Siedlung von verstreuten Ferienhäuschen und eine Pausenbank an Flussweiden, auf der man sich wegen des anstehenden Anstiegs und des Abschieds von der Weser durchaus eine Rast gönnen kann. Denn es geht recht knackig bergauf, jetzt auf dem Weserberglandweg, an einem schönen Ferienhäuschen vorbei auf den Hopfenberg. Unterbrochen wurde unsere Route dann netterweise durch einen Bestand des Stattlichen Knabenkrauts am Wegesrand. Diese zu den frühen Vertretern der heimischen Orchideen zählende Art wächst an solchen Stellen im nicht zu hellen, nicht zu dunklen Wald sehr gerne und will ausgiebig bestaunt werden. Da vergehen die letzten Meter hinauf wie im Fluge und nach wenigen Metern im Freien treten wir auf einem wanderbar schmalen Pfad wieder in den schönen Wald. Ein paar Schritte weiter erwarten uns dann am Wegesrand die ersten Exemplare der Schwarzen Teufelskralle. Ich entschuldige mich, falls ich mich aufgrund nur laienhafter botanischer Kenntnisse mal wieder täusche. Meistens, wenn ich mir nicht absolut sicher bin, nenne ich gar nicht mehr die jeweilige Art, sondern nur noch die Gattung. Manchmal vergesse ich diese weise Entscheidung aber auch schon mal. Egal wie der Mensch sie nun nennt, die Teufelskralle entdeckten wir bislang gar nicht mal so häufig in unseren Breiten. Auf den Wiesen von St. Andreasberg im Harz, hier zwischen Heyen und Linse und in der westlichen Rühler Schweiz trafen wir bisher auf die prächtig daherkommende Pflanze. Auf dem freundlichen Waldweg geht es weiter durch den Vollfrühlingswald. Die bekanntesten Frühblüher haben sich weitestgehend verabschiedet, der Bärlauch steht an einigen Stellen in voller Blüte.

Am Übergang vom Hopfenberg zum Heiligenberg ging es für uns über eine Rodungsfläche, auf der die im letzten Jahr vertrockneten Fichten entfernt wurden. Dieses Jahr sieht es nicht besser aus für den lange, viel zu lange massenweise angepflanzten Baum. Da hilft kein Jammern und Klagen der Forstindustrie. Die hat es viel zu lange versäumt, diese Baumart nach und nach aus unseren heimischen Wäldern zu entfernen oder sie in einen Mischwald zu integrieren. Der Heiligenberg ist schon ein ziemlich geiler Berg. Entlang alter Steinbrüche zieht sich der schmale Pfad auf den “Gipfel” mit der Kapellen- oder Kirchenruine. Durch Ausgrabungen ist bekannt, dass die erste Kapelle hier wohl im 11. oder 12. Jahrhundert erbaut wurde, die dann im 12./13. Jahrhundert und noch einmal im 17. Jahrhundert ausgebaut wurde. Im 19. Jahrhundert nutzten die Heyener sie dann als Steinbruch und es blieben nur die heute noch erhaltenen Fundamente. Wer sie warum gebaut haben mag und welchem Zweck sie gedient haben könnte, erfährt man aber leider nicht. Es gibt Vermutungen, dass hier zumindest anfangs ein Einsiedler lebte. Einige Meter hinter der Kapelle befindet sich dann eine ungefähr im 8. Jahrhundert angelegte, vermutlich sächsische Ringwallanlage. Ob beide Orte in einem Zusammenhang stehen, lässt sich wohl nicht mehr in Erfahrung bringen. Den östlichen Graben der Fliehburg kann man an der Infotafel noch gut erkennen. Es geht hinab vom Heiligenberg zur Kreisstraße 10. Der schmale Pfad zur Straße war bei unserem Besuch durch Baumfällarbeiten versperrt beziehungsweise unkenntlich gemacht. Hoffen wir, dass er nicht ganz verschwindet. Parallel zur Straße geht es auf einem schnuffligen Pfad fast bis zum Startpunkt. Kurz vorher biegen wir aber zum Kruckberg ab, um in die zweite Hälfte des Weges einzusteigen. Ein Stück gehen wir am Waldrand, dann geht es in den Wald und nach rechts. Geradeaus ginge es zur Burgruine Lauenburg. Von dieser wohl niemals gänzlich fertiggestellten Burg, die vermutlich im 12. Jahrhundert von den Homburgern erbaut und durch einen Angriff zerstört wurde, sind nur wenige Reste im Gelände erhalten.

Knabenkraut am Feldrand

Knabenkraut am Feldrand

Auf jeden Fall bietet die Gegend um Heyen mit diesen und anderen, weitestgehend nicht gänzlich erforschten Plätzen und Gebäuden, eine große Menge an historischen Kulturgütern. Auch die Wälder, wie der am Heiligenberg und der am Kruckberg, versprühen einen besonderen, etwas abseitigen Charme. Teufelskralle und Stattliches Knabenkraut lassen sich ebenso wie der 2020 bereits im April blühende Bärlauch am Wegesrand entdecken. Durch den wanderbaren Wald, dann auch mal über eine mehr oder weniger aussichtsreiche Freifläche, geht es hinauf zum “Gipfel” des Kruckberges. Oben angekommen, wartet eine Pausenbank, bevor wir die Franzosenhöhle erreichen. Die bleibt ebenso nebulös wie die anderen historischen Orte des Tages. Haben sich hier französische Soldaten auf der Flucht versteckt oder wurde sie von französischen Besatzern entdeckt? Haben Zwerge sie aus dem Boden gehauen oder entstand sie durch Verkarstung? Der Fantasie sind wenige Grenzen gesetzt. Südwestlich hinter der Höhle findet sich dann noch ein besonderes botanisches Schmankerl. Hier stehen am Ackerrand, zur rechten Zeit sogar bis einige Meter auf dem Acker, zahlreiche Exemplare des Purpur-Knabenkrauts. Natürlich gelten auch für diese prächtige Orchidee die üblichen Regeln des Anstandes. Keine Pflanzen pflücken, zertreten, ausbuddeln oder sonstiger Unsinn. Nicht alle Exemplare entwickeln Blütenstände, also bitte auch auf die charakteristischen Blätter achten, damit andere auch noch etwas von der Pracht haben. Durch den Wald des Kruckberges geht es weiter und manches lässt sich noch am schmalen Wegesrand entdecken. Einige Wanderschilder gibt es auch. Am Ende, kurz vor der Ferienhaussiedlung oberhalb von Halle, geht es erst über eine Freifläche, dann noch einmal durch den Wald auf einem kurzen Serpentinenweg recht spürbar hinab.

Eine weitere Freifläche erwartet uns, auf der wieder zahlreiche botanische “Sehenswürdigkeiten” warten und eine schöne Aussicht über Linse ins Lennetal. An dieser Stelle folgten wir leider aufgrund eines unerklärlichen Gedächtnisverlustes oder des langsam immer dunkler werdenden Himmels, dem im Track eingezeichneten Weg über Linse. Hier rate ich dazu, dem alternativ markierten Weg am Waldrand des Kruckberges zu folgen. Am Waldrand und auf den Wiesen kann man, wenn ich mich nicht völlig täusche, zahlreiche weitere Pflanzen entdecken, wie zum Beispiel Purpur-Knabenkraut, Vogel-Nestwurz, Weißes Waldvöglein, Fliegen-Ragwurz, Graslilien oder die Dichter-Narzisse. Der Weg über Linse ist aber auch nicht wirklich schlecht. Kurz am Ortsrand entlang geschrammt, geht es dann mit netten Aussichten in die Gegend um Linse hinauf auf den Eckberg. An ehemaligen Sandsteinbrüchen vorbei und teilweise auch hindurch, wandern wir in Richtung Bismarckturm Bodenwerder. Wenn die Vegetation noch nicht alles überdeckt hat, kann man am Hang zur Linken sogar Gebäudereste ausmachen. Auf einem schmalen Alpenpfad überwinden wir die letzten Meter zum Turm, der 1913 errichtet wurde und bei unserem Besuch gesperrt war. Wir haben gar nicht nachgesehen, weil der Ausblick von unten eigentlich auch reicht und wir unbedingt eine Pause brauchten, aber man kann wohl davon ausgehen, dass es wegen dieses Virus war, das hoffentlich unser Land nicht in dem Maße verändert, wie ich es befürchte. Damit meine ich nicht den Gesundheitsaspekt, sondern die Auswirkungen auf das Zusammenleben der Menschen. Von der Pausenbank hat man einen tollen Ausblick ins Wesertal rund um Bodenwerder, das uns zu Füßen liegt. Auf einem breiten Weg, wir sind jetzt bis zur Kreisstraße 10 wieder auf dem Hauptwanderweg des Weserberglandes, umgehen wir einen (noch aktiven?) Steinbruch und folgen der Ausschilderung am Waldrand entlang.

Blick auf Bodenwerder

Blick auf Bodenwerder

Nach dem Eintritt in den Wald folgt zum Abschluss noch ein weiterer, herrlicher Abschnitt der heutigen Tour. Ein an vielen Stellen aus dem grünen Gras aufragender Märchenwald und mehrere kleine, ehemalige Steinbrüche erwarten uns am steilen Rand des Eckberges. Da kann man kaum meckern, denn derart wunderbar “wechselhafte” Wege und Landschaften wie hier zwischen Heyen, Kreipke, Linse und Bodenwerder, findet man nicht allerorts. So geht es beschwingten Schrittes durch einen wirklich fantastischen Wald, auf den letzten Metern noch durch ein kleines Bachtal, zur Kreisstraße 10 und dann ein paar Meter an dieser entlang, hinab zu unserem Ausgangspunkt an der Weser.

Am Ende eines Tages...

Das sind die Wege abseits der ausgetretenen Pfade, die wir suchen und ab und zu auch finden. Nach mehreren Anläufen haben wir eine angemessene Route gefunden, die wir nächstes Mal und dann hoffentlich noch ein paar Mal gehen werden können. Na klar kann man manchmal einfach nicht alles haben, muss man aber auch nicht. Hier “verpasst” man auf dem von uns vorgeschlagenen Weg eigentlich nicht viel. Aber jeder hat seine eigenen Vorstellungen von einer “zufriedenstellenden” Wanderung und muss sich seinen entsprechenden Weg selbst suchen. Ich wünsche auf jeden Fall allen hoffentlich viel Spaß in dieser wirklich schönen Landschaft des Weserberglandes…

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