Freundliche Rasteberger

Freundliche Rasteberger

Da bin ich kurz mal wieder da und hoffentlich bald auch wieder dauerhafter und etwas aktiver beschäftigt mit der Nachsorge meiner Leidenschaft. Es hat länger gedauert als anfangs gedacht und ich hatte viele Gelegenheiten mich zu ärgern, dass ich die Website letztes Jahr gegen die Wand gefahren habe. Der Karstwanderweg, die Touren im Ith, insgesamt 150 Wanderungen, alles erstmal weg. Aber es soll weitergehen, von vorne und doch ungefähr von dort, wo es endete. Was passt besser zum Start in eine neue Zeit, in einen neuen Frühling, als eine etwas veränderte Tour zu einem der frühesten Frühblüher des Jahres? Die Frühlings-Knotenblume, der Märzenbecher, ist keine häufige Pflanze in unseren Breiten und wir kennen nur zwei massenhafte Vorkommen in unserem Einzugsbereich. Zum einen das weithin bekannte am Schweineberg bei Hameln und das wohl immer noch weitestgehend unbekanntere am Elber und Gustedter Berg bei Salzgitter. Hier gibt es vielleicht nicht die geschlossenen Bestände wie am Schweineberg, aber trotzdem ist das im Zusammenspiel mit anderen Frühblühern, wie z.B. Leberblümchen, Seidelbast und Bärlauch, eine Pracht die ihresgleichen sucht. Los geht es für die Nutzer des ÖPNV am Bahnhof in Baddeckenstedt, das an der B6 auf den ersten Blick sehr aufgeräumt daherkommt, dessen schöne Ecken wir aber teilweise heute kennenlernen werden. Für Autofahrer gibt es nahezu unbegrenzte Parkmöglichkeiten. Etwas abgeschieden und in der Natur ist der Parkplatz am Sportplatz Groß Elbe und der an der Haverlahwiese mit seinem etwas morbiden Bergbau-Charme.

Für Proviant und eventuelle Einkehr empfehlen wir das “Café Jendraß”, wo es noch leckere, ehrliche und ursprüngliche Backwaren mit echtem Geschmackserlebnis gibt. Vom Bahnhof geht es ein paar Meter an der zumeist gut frequentierten B6 entlang, dann die Lunge prüfend hinauf zum Naturschutzgebiet “Steinbruch Baddeckenstedt”. Dieses westliche Ende des Rasteberges hat seinen eigenen Charme und auch das Wohnen hier hat durchaus seine Reize. Von dem kleinen Pfad, der uns näher an den Steinbruch bringt, hat man einen schönen Blick in die Umgebung und in Richtung Harz mit Brocken. Schaut man Richtung Steinlah, kann man nur hoffen, dass irgendjemand irgendwann und irgendwie eine sinnvolle Alternative für die Windmeiler findet, die nachhaltig (nicht nur) die Landschaft verschandeln. Zwischen den letzten Häusern des Ortes und dem Wald schlendern wir über den Rasteberg, vorbei an einer Schutzhütte zu einem schönen Aussichtspunkt. Der Blick geht nach Oelber am weißen Wege mit der markanten Silhouette des schönen Schlosses. Mit ein wenig Glück kann man bereits hier einige Bestände des Märzenbecher ausmachen. Die Wegqualität im Frühjahr ist oft leider etwas durchwachsen und Stapel von in Geld umgewandelter Natur säumen unseren Weg. Am Sportplatz Groß Elbe muss man etwas aufpassen. Der auf einigen Karten verzeichnete Weg links vom Platz existiert nicht mehr und wir gehen direkt über den Rasen in den Wald des Elber Berges. Der präsentiert sich teilweise mit schönem Eichen-Hainbuchen-Wald und beherbergt die größten Bestände des Märzenbechers. Oft wächst der Frühblüher weit weg vom Weg auf den Hängen des Berges, ebenso oft besiedelt er aber auch die flachen Flächen links und rechts von uns.

Die Frühlings-Knotenblume

Die Frühlings-Knotenblume

Zwischen der weißen Pracht zeigt sich auch des Öfteren das frühe Leberblümchen und sorgt für Farbtupfer im noch karg daherkommenden Wald. Im Hintergrund sorgen auch die aktivsten Frühlingsvögel für passende musikalische Untermalung des Gesehenen. Auf jeden Fall eine Pracht, die man am besten jedes Jahr mit allen Sinnen genießen sollte. Ein paar hundert Meter hinter der Stromtrasse kann man linker Hand bereits die Spuren des Bergbaus sehen, der hier in kleinerem Umfang seit Beginn des 19. Jahrhunderts, im großen Stil dann seit 1937 stattfand. 1982 endete die Tätigkeit der Gruben und bis Ende der 1980er Jahre waren alle oberirdischen Anlagen abgebaut. Dass es sich bei der Haverlahwiese um die größte Eisenerzgrube Deutschlands handelte, lässt sich kaum erahnen. Aber auf entsprechenden Karten, wie den höchst informativen “Niedersächsischen Umweltkarten”, sieht man deutlich, dass sich der Bergbau über mehrere Kilometer Länge zog. Die alten Haupt-Schachtanlagen befinden sich an der L670 zwischen Gustedt und Salzgitter-Gebhardshagen. Im Frühling kann man auf der Ecke, an der wir den Gustedter Berg schließlich verlassen, durch die Bäume den See erkennen, der zum Kernbereich des Naturschutzgebietes “Tagebau Haverlahwiese” gehört. Das NSG sollte auf dieser Seite auf keinen Fall betreten werden, auch wenn die Möglichkeit dazu gegeben wäre. Für das Laienauge gibt es hier sowieso nichts Offensichtliches zu sehen. Es beherbergt z.B. verschiedenste Biotope für zahlreiche schützenswerte Amphibien.

Am morbid wirkenden Parkplatz an der Haverlahwiese mit seinen leider mittlerweile auch morbiden Infotafeln, erreichen wir das abgeschieden liegende, ehemalige Vorwerk Altenhagen. Hier scheinen sich einige Menschen den Traum eines etwas alternativen Lebens erfüllt zu haben und so verwundert es auch nicht, dass die BUND-Kreisgruppe Salzgitter hier das Waldhaus Altenhagen unterhält. Der Ort selbst wurde bereits im 14. Jahrhundert als Vorwerk der Burg Lichtenberg erwähnt. Hinter den Häusern ein Park- und Rastplatz mit einem sehenswerten Stein-Ensemble, dessen Sinn und/oder Zweck sich uns leider nicht erschlossen hat. Aber wie Mama schon immer gesagt hat: Du kannst alles essen, aber nicht alles wissen! So viele Dinge gibt es zu bestaunen, zu entdecken und zu erkunden. Wer sucht, der findet auch jede Menge Infos zu allem Erlebbarem am Wegesrand. Ich beschränke mich auf das Wesentliche, um den Wanderbericht nicht übermäßig aufzublähen. Durch den Wald des Kalkrosenberges erreichen wir das Areal der Burgruine Lichtenberg. Da der Aussichtsturm der Burg momentan (März 2018) wegen eines Brandes 2016 gesperrt ist, empfiehlt es sich, einen Abstecher zu dem Aussichtspunkt am Mahnmal der Vertriebenen zu machen. Von hier hat man einen erstaunlichen Blick auf das in der Norddeutschen Tiefebene gelegene Salzgitter mit seinen vielen Ortsteilen.

Burgruine Lichtenberg

Burgruine Lichtenberg

Heinrich der Löwe, der maßgeblich dafür verantwortlich ist, dass die Sachsen heute Niedersachsen heißen und kaum jemand den Begriff Ostfalen mehr kennt, würde die Gegend wohl nicht wiedererkennen. Aus einigen Weilern und Siedlungen entstand während der NS-Zeit, während der Hochzeit des Bergbaus, eine der jüngsten und interessantesten Großstädte Deutschlands. Der Aufgang zur Burg ist zur rechten Zeit, also ungefähr jetzt, gesäumt von Massenbeständen des Bärlauchs, der nicht umsonst volkskundlich auch als Burglauch bekannt ist. Ebenso wie die hier vorkommende Grüne Nieswurz ist der Waldknoblauch wohl aus den mittelalterlichen Burggärten gehüpft und hat seine Züchter und alle Kriege und Katastrophen überdauert. Die Burg Lichtenberg wurde im 12. Jahrhundert von Heinrich dem Löwen errichtet, zum Schutz gegen die Nachbarn aus dem Hochstift Hildesheim und der Kaiserstadt Goslar. Man kann die 1180 von Kaiser Barbarossa eroberte Burg als Mahnmal des alten Ostfalen ansehen, an das sich heute nur noch wenige erinnern. Denn im 12. Jahrhundert, nach der Niederlage Heinrichs gegen Barbarossa, wanderte der Name der Sachsen nach und nach kurioserweise in ein Gebiet, in dem es (fast) keine Sachsen gab. Die Burg ist auf jeden Fall sehenswert. Jede Menge Fundamente, eine Blide und der Burggarten lohnen die Erkundung. Bleibt nur zu hoffen, dass es dem umtriebigen und engagierten Förderverein der Burg gelingt, den Turm wiederherzustellen.

Da haben wir heute schon vieles von dem erlebt, dass den Reiz des touristisch etwas stiefmütterlich daliegenden Salzgitter Höhenzuges ausmacht. Faszinierende Natur, von Menschenhand geprägt und viele Zeugnisse alter und junger Geschichte. Manchmal verbindet sich diese Geschichte auch aufs Feinste miteinander. Zum Beispiel am Gaußstein, der auf einer mittelalterlichen Turmhügelburg (Motte) gelegen ist. Hier hat der Mathematiker und Geodät Carl Friedrich Gauß 1820 einen Vermessungspfeiler zur Landvermessung errichten lassen. Weiter geht es für uns auf einem herrlichen Höhenweg, der sich nach und nach den Kruxberg hinunterbewegt. Dann werden die Wege etwas breiter und im Frühling kann es etwas karg werden in den Wäldern der Lichtenberge. Nach Überqueren der Kreisstraße 2 führt uns ein barrierefreier Höhenweg durch den freundlichen Wald an der Hohen Warte und dem Langen Berg. Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern und die Füße laufen wie am Schnürchen.

Schloss Oelber

Schloss Oelber

So erreichen wir den schönen Waldrand bei Oelber, der noch einmal mit einigen Baumveteranen aufwarten kann. An einem Teich und Obstbäumen entlang erreichen wir den Ort und den Schlossbezirk des ehemaligen Wasserschlosses Oelber, das auch schon als Filmkulisse diente. Der herrliche Bau ist leider nur schwer von außen einsehbar, da die Eigentümer sich ein recht hohes Metalltor als Sichtschutz geleistet haben. Auf dem Weg aus dem Ort kommen wir an der privaten Kapelle derer von Cramm vorbei und an der mit schönen Epitaphen geschmückten St. Annen-Kirche. Ein Stück noch am schönen Waldrand des Rastebergs entlang, dann erreichen wir den oberen Rand des Steinbruchs Baddeckenstedt, der unter Naturschutz steht. Hier laden einige Bänke zu einer letzten Rast ein, bevor wir uns auf den Abstieg in den Ort machen, zu unserem Ausgangspunkt am Bahnhof Baddeckenstedt.

Am Ende eines Tages...

Sorry, jetzt bin ich ganz schön durch gehetzt. Ich muss morgen früh wieder los und wollte wenigstens mal wieder einen Beitrag einstellen. Vor allem ist noch Zeit, diese Tour in diesem Jahr zu machen, um die Märzenbecher zu bestaunen. Aber natürlich ist es auch später hier sehr schön. Gleichzeitig ist damit nach der Tour am Südende des Salzgitter Höhenzuges auch der nördlichste Abschnitt markiert. Ich hoffe, dass wir beizeiten auch die Gelegenheit finden, das Zentrum des Höhenzuges zu bewandern und (wieder) davon zu berichten. Bis dahin alles Gute, viel Spaß im neuen Frühling, immer einen Fußbreit festen Boden unter den Füßen und dass uns der Himmel nicht auf den Kopf falle…

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