
Am Naturschutzgebiet Weyhershauk
Da wir beide erkältet waren und das Wetter auch nicht allzu pralle aussah, entschieden wir uns, die längeren, geplanten Extratouren der Rhön wegzulassen und am zweiten Tag den Ostheimer zu wandern. Da wir natürlich durch die Kürze der Tour viel Zeit hatten, bummelten wir noch durch Ostheim und besuchten unter anderem die beeindruckende Kirchenburg des Ortes, die größte und am besten erhaltene ihrer Art in Deutschland. Hildesheim hat, wie andere Städte auch, eine Domburg und Wehrkirchen haben wir auch schon etliche gesehen, einen so fantastischen, geschlossenen Komplex aber noch nie. Dementsprechend trieben wir uns hier erstmal mindestens eine Stunde herum. Einen eigenen Beitrag dazu werde ich erst einmal nicht schreiben, darum habe ich unter den Fotos der Wanderung nur eine kleine, unbeschriftete Fotogalerie mit eigenen Eindrücken eingefügt. Der Beitrag zur Wanderung wird wohl auch nicht allzu lang, da ich in den letzten Monaten jede Menge anderes „Zeug“ hatte, mit dem ich mich beschäftigen musste. Da ist zum Beispiel der passive und aktive Einsatz im Rahmen der Neuen Friedens- und Demokratiebewegung, von den Medien, Politikern und einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung dieses Landes immer wieder unsinnig als rechtsradikal, verschwörungstheoretisch und querdenkend eingestuft. Heute ist eine Corona-Erkrankung hinzugekommen, die wie erwartet einer mittleren Erkältung ähnelt und mir Zeit verschafft, hier ein bisschen was zu tun. So, dann starten wir gleich mal in die kleine und feine Runde des Ostheimers, die für uns am Parkplatz unterhalb des Naturschutzgebietes Weyhershauk begann.
Wir starten in Richtung Ostheim, wenden uns nach ein paar Metern am imposanten Wasserwerk in Richtung der Lichtenburg. Hier tummelten sich etliche junge Leute mit Bollerwagen, Mucke und Alkohol. Es war Christi Himmelfahrt, der sogenannte Vatertag. An diesem Tag gehen wir seit etlichen Jahren eigentlich nicht mehr wandern, da uns das Gejohle und Gedränge im Wald irgendwann zu viel wurde. Letztes Jahr wagten wir es, weil Feierlichkeiten verboten waren, woran sich die meisten „Väter“ glücklicherweise (oder eher leider) hielten. Dieses Mal wollten wir nicht am zweiten Urlaubstag bereits eine Pause einlegen und hofften das Beste. Die Begegnung am Wasserwerk war dann glücklicherweise die erste und gleichzeitig letzte des Tages. Wir wandern zwischen zwei Waldstücken leicht hinauf und genießen die ersten Ausblicke zur Burgruine Lichtenburg. Der Wald hier ist relativ geringfügig in Mitleidenschaft gezogen, aber heile Welt herrscht trotzdem nicht in den fränkischen Forsten. An der ersten Bank blühten dann gleich mal etliche Exemplare des Großen Windröschens, was uns die Erfahrungen des Vortages ins Gedächtnis rief. Da die Erinnerungen an den Urlaub nach einigen bereits zu verblassen beginnen, kann ich nicht sagen, was im Laufe des Tages alles am Wegesrand wuchs. Nicht falsch verstehen – ich freue mich über jede Pflanze, aber wenn die Vielfalt so groß ist wie hier, nutzt sich das Erlebnis irgendwann unweigerlich ein wenig ab. Ein schöner Waldweg und Pfad geleitet uns zur Lichtenburg auf dem 482 Meter hohen Lichtenberg. Unterhalb der Burg erreichen wir einen Aussichtspunkt, von dem aus man etwas eingeschränkt zum Gangolfsberg hinübersehen kann. Wegen der Kürze der Tour machten wir von hier aus natürlich den kurzen Abstecher zur Burg und nahmen auch noch den Rundweg um die nördliche Burgmauer herum.
Die Burg Lichtenburg
Die Burg Lichtenburg
Die Burg Lichtenburg wurde je nach Quelle 1156 oder 1159 erstmals urkundlich erwähnt. Sie befand sich damals im Besitz der Henneberger und wurde vermutlich von Heinrich I. aus der Nebenlinie von Irmelshausen gegründet. Bekanntester Burgherr war der Minnesänger und Kreuzfahrer Otto I. von Henneberg-Botenlauben (1177-1245). Spätestens ab 1230 befand sich die Burg im Besitz der Reichsabtei Fulda und ab 1315 ließ der Fuldaer Abt Heinrich VI. die Burg weiter befestigen. Dabei wurde auch der 37 Meter hohe Bergfried errichtet, der höchste seiner Art in der Rhön. Das eingerichtete Amt Lichtenburg wurde von hier aus verwaltet. Im 14. Jahrhundert gelangte die Burg wieder in den Besitz der Henneberger, wurde 1525 während des Bauernkrieges stark beschädigt und nach der blutigen Niederschlagung des Aufstandes wieder repariert. Nach der Errichtung eines Amtssitzes in Ostheim verließ 1680 der letzte Amtsmann die Lichtenburg, die immer mehr an Bedeutung verlor. Während des Reichskrieges gegen Frankreich (1671-1672) wurde sie noch einmal befestigt, dann aber 1719 endgültig aufgegeben. Die Herzöge von Sachsen-Weimar-Eisenach ließen im 18. Jahrhundert Restaurierungsarbeiten durchführen, die aber 1744 eingestellt wurden. 1811 oder 1816 wurde die Burg an drei Ostheimer verkauft und als Steinbruch genutzt. Zwischen 1819 und 1843 kaufte die Regierung des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach die Anlage zurück und ein neu gegründeter Verein zur Erhaltung und Verschönerung nahm sich ihrer an. 1994 wurde der Turm zuletzt saniert, im Jahr 2006 die Ringmauern und die Burggebäude. Heute befindet sich in der Burg eine Gaststätte und der Bergfried dient als Aussichtsturm.
Die Burg darf ausgiebig erkundet werden. Wir waren nicht auf dem Aussichtsturm, sondern machten nur eine kurze Begehung. Da wir sowieso beim Wandern so gut wie nicht mehr einkehren, konnten wir die Tagesreise nach ausgiebigem Bestaunen der Außenanlagen fortsetzen. Unterhalb der Burg geht es auf einem mit dicken Kopfsteinen gepflasterten Weg durch den Wald zu den Wiesen des Rod. Der breite Weg führt leicht bergab durch die Wiesen zu einem Rastplatz auf einer Obstwiese, den wir dankbar nutzten. Kurz darauf biegen wir zum Weyhershauk ab, den wir zuerst auf einem schmalen Wiesenweg, dann auf einem befestigten Weg erreichen. Blickt man zurück, gerät immer wieder der Bergfried der Lichtenburg in den Blick. Das Naturschutzgebiet Weyhershauk wurde 1985 ausgewiesen und ist 26 Hektar groß. Mhm, weitergehende Informationen muss man sich recht mühsam erarbeiten. Da muss ich wieder mal die Interaktiven Umweltkarten Niedersachsens loben. Im Naturschutzgebiet findet man zu je einem Drittel Nadelwald, Laubwald und Landschaftsformen wie unter anderem Trockenrasen, Steppe und Heide. Auf den Felsfluren, Kalkmagerrasen und Kalkscherbenäckern, wie in den Kalkbuchenwäldern findet man eine artenreiche Fauna und Flora vor. Tier und Pflanzenarten sind unter anderem Silberdistel, Küchenschelle, Großes Windröschen, Wiesen-Salbei, Neuntöter und die seltene Heidelerche. Also auf ins Vergnügen und hinauf zum Höhenweg des Weyhershauk. Links und rechts des herrlichen Pfades stehen bereits etliche Exemplare der eben genannten Pflanzen. Die Hauptblüte etlicher Pflanzen der Rhön war bei unserem Besuch natürlich vorbei, die anderer Pflanzen stand noch bevor. Einen perfekten Zeitpunkt gibt es also nie und auch ohne Blütenzauber ist die Rhön wunderschön.

Durch die Trockenrasen
Auf dem Gipfel des Weyhershauk stellt sie das auch mit tollen Aussichten unter Beweis. Die Lichtenburg und die nähere und weitere Umgebung ziehen die Blicke immer wieder an. Rechts von uns ist der steile, dicht bewachsene Hang des Berges, links finden sich sanft auslaufende Mähwiesen und Trockenrasen. Mit etwas Glück erblickt man eine gemächlich und leise mähend durch die Landschaft ziehende Schafherde. Immer wieder fällt der Blick auf am Wegesrand stehende Pflanzen und der ein oder andere Tagfalter ließ sich trotz des Windes und des ungemütlichen Wetters blicken. Uns war es erst einige Tage später vergönnt, die Rhönschafe aus der Nähe zu erleben. Am Ende des Weyhershauk geht es schließlich zwei recht steile Treppen hinab zu einem Weiher mit Rastmöglichkeit. Von hier aus zieht es uns kurz an Obstbäumen vorbei in den Wald, in dem wir die Doppelte Eiche bestaunen können. Schlechte Lichtverhältnisse verhinderten ein brauchbares Foto. Kurz darauf erreichen wir zum Flurstück Rommersbühl mit Rastplatz und Infotafel über die zur rechten Zeit hier vorkommenden Pflanzen. Bei unserem Besuch war leider alles bereits gemäht. Wir wenden uns nach links und es geht noch einmal hinauf und noch einmal in den Wald. Im Wald stehen bereits wieder etliche erstaunliche Pflanzen. Küchenschellen im Wald habe ich zum Beispiel noch nie gesehen. Wir treten hinaus aus dem Wald und gelangen an weitere Trockenrasengebiete, auf denen unter anderem noch die Bocks-Riemenzunge und Sommerwurze vorkamen. Nach zwei Tagen Urlaub waren wir schon hin und weg, obwohl die meisten Pflanzen bereits verblüht waren. Wahnsinn! Zumindest der letzte Kilometer durch Felder und Wiesen erweist sich dann als relativ entspannt, was Pflanzenreichtum angeht. Trotzdem bleibt die Landschaft wunderbar und die Wege wanderbar. So geht es also nach einigen ereignisreichen Stunden langsam zurück zu unserem Ausgangspunkt am Naturschutzgebiet Weyhershauk.
Am Ende eines Tages...
Ulmensteiner und Ostheimer sind trotz ihrer Kürze zwei „hochdekorierte“ Premiumwege – und das zu Recht. Das ist nicht nur landschaftlich ein Erlebnis. Fauna und Flora haben jede Menge zu bieten und wenn eine Kapelle oder eine Burg am Wegesrand stehen, ist das ja auch nicht zu verachten. Letztendlich kann ich schon einmal vorwegnehmen, dass ich nicht in der Lage bin, eine schönste Wanderung in diesem Urlaub zu benennen. Acht Wanderungen an acht Tagen und alle hatten in der Nachbetrachtung ihre eigenen Reize. Die Rhön – wahrlich das Land der offenen Fernen und ein Sehnsuchtsziel für Wanderer.
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