Versteckte Teufelsbäder

Versteckte Teufelsbäder

Scheißwetter? Gibt es nicht. Etwas durchwachsen war es aber schon und darum entschieden wir uns für die zweite Etappe des Karstwanderweges, den wir in den nächsten Monaten/Jahren ja noch einmal ganz von Ost nach West in Rundwanderungen abgrasen wollen, bevor es irgendwann zu spät für uns sein könnte. Da die ersten Etappen im westlichen Teil des Karsts schon ihre Härten haben, aber auch immer mehr als ausreichend Spiel, Spaß und Spannung bieten, wollen wir von denen möglichst noch einige schaffen, bevor im Frühling hoffentlich Zeit ist, in den mittleren und östlichen Teil einzusteigen. Die zweite Etappe beginnt oberhalb von Düna, das am Rand des Naturschutzgebietes Gipskarstlandschaft Hainholz liegt. Die Gegend um Düna ist nachweislich seit dem 3. Jahrhundert besiedelt. Ausgrabungen kamen zu der sensationellen Entdeckung, dass damals hier bereits Erze aus dem Goslarer Rammelsberg und dem Oberharz verhüttet wurden. Die Bergbau-Geschichte musste also neu geschrieben werden, denn der Bergbau am Rammelsberg überschreitet die bisher angenommenen 1000 Jahre deutlich. Später wurde nahe der heutigen Siedlung ein Herrensitz errichtet. Nach dessen Aufgabe im 13./14. Jahrhundert entstand im 16. Jahrhundert eine Domäne und in den 1930er Jahren schließlich eine Siedlergemeinschaft. Das nahegelegene Hainholz, einzigartig in Niedersachsen, zählt zu den herausragenden Landschaften im Südharzer Gipskarst. Eine Menge ist los gewesen hier oben und immer noch ist was los. An Wochenenden bei gutem Wetter ist der Parkplatz nachmittags oft proppenvoll. Spaziergänger und Wanderer ziehen durch das Hainholz, dessen Landschaft vom Karstwanderweg nur teilweise erfasst wird.

Fünf Rundwanderwege, mit verschiedenfarbigen Eulen markiert, ziehen sich durch das Naturschutzgebiet. Nachdem wir gerade auch die dritte Runde des Karstwanderweges beendet haben, habe ich eine entsprechende Runde, die mehrere der „Eulenwege“ zusammenführt, für das nächste Mal schon zusammengebastelt. Nun aber erstmal los zur zweiten Rundwanderetappe des Karstwanderweges. Zuerst nehmen wir allerdings die erste Überleitung vom südlichen Teil des Fernwanderweges zu seinem nördlichen Ast. Es geht also vom Parkplatz am Hainholz durch das kleine Düna mit seinen freundlichen Einwohnern, dann ein Stück entlang der Straße ins Tal, dann biegen wir links ab und wandern an einer „wehrhaften“ Hütte vorbei in den Hördener Forst. Dort bleiben wir nicht lange, denn wir treffen auf den nördlichen Ausläufer des Karstwanderweges und folgen diesem bis nach Osterode. An der Kreisstraße 427 treffen wir auf eine der vielen Infotafeln des Wanderweges, die uns immer wieder auf geologische Zusammenhänge und historische Begebenheiten hinweisen. Vorbildlich, wie ich finde. Dafür fehlt es dem Karstwanderweg immer mal wieder an netten Plätzchen zum Pausieren, aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Ein Plätzchen zum Setzen findet man meistens trotzdem. Wir betreten jetzt quasi den Harz und gehen ein Stück parallel der Bundesstraße 243, die in den letzten Jahrzehnten streckenweise zur „Südharz-Autobahn“ umgebaut wurde. Nach wenigen Metern erreichen wir das ehemalige Gasthaus an der Papenhöhe (1838 bis etwa 1945), das sich immer noch in einem relativ maroden Zustand befindet, aber glücklicherweise immer noch bewohnt ist. Nach der Verlegung der Straße 1937 und der Stilllegung der Bahnstrecke Herzberg – Seesen im Jahr 1945, blieben die Gäste aus und die Gaststätte gab den Betrieb auf.

Nationales Naturerbe Beierfelde

Nationales Naturerbe Beierfelde

Weiter geht es in das erste Naturschutzgebiet des Tages, die Teufelsbäder. Über eine Wiese gelangen wir in den Wald mit seinem typisch „karstigen“ Charme. Die Teiche und Moore des Gebietes werden von einer Karstquelle durch das Teufelsloch gespeist und beherbergen seltene, für den Standort typische Pflanzen- und Tierarten. Ein schönes Fleckchen Erde mit seinem urigen Wald und den zahlreichen Karsterscheinungen. Das Teufelsloch lässt sich durch die Bäume noch erkennen. Von den Teufelsbädern selbst, das größere ist weitestgehend verlandet, bekommen wir weniger zu sehen. Vorbei an einer kleinen Waldsiedlung, man beachte das imposante „Märchentraumhaus“, geht es an den Rand von Osterode. Wir folgen grob dem Lauf der Apenke, vorbei an einem von ihr gespeisten Teich, dann geht es durch die Wiesen oberhalb der ehemaligen Gipsfabrik Augustental zur ehemaligen Abdeckerei. Zu beiden Lokalitäten gibt es informative Tafeln. Am Kaiserteich vorbei, den wir für eine Rast leider von hier nicht erreichen können, kommen wir zum ehemaligen Südbahnhof und zu einem kleinen Park zwischen der Apenke und einigen erhaltenen Stadtmauerresten von Osterode. Hier kann man ein Päuschen einlegen, bevor es zur Stadtmauer an der Schildwache und zwei erhaltenen Türmen geht, dem Pulver- und dem Sonnenturm. Am Neustädter Tor verlassen wir den mittelalterlichen Teil Osterodes bereits wieder, am Kreisel lohnt sich ein Blick zur schönen Schachtrupp-Villa, von einem Bleiweißfabrikanten Anfang des 19. Jahrhunderts errichtet. Am Pferdeteich kann man den Abstecher über den Parkplatz zum Karstwanderweg-Pavillon machen. Ob es sich lohnt, weiß ich nicht, weil wir nie dort waren. Dann geht es an der Schillerstraße bereits wieder hinaus aus der sehenswerten Harzstadt.

Es geht kurz hinauf zum Ührder Berg und dann weiter zu den Hundeköpfen, wo wir die Überleitung vom nördlichen zum südlichen Karstwanderweg nehmen. Schön hier oben. Eine Bank unter einem alten Baum, weite Sicht in die vor uns liegende Gipskarstlandschaft und zurück in die Umgebung Osterodes. Die Wälder hinter der Stadt im Harz sehen im krassen Gegensatz zu unserem letzten Besuch 2014 verheerend aus. Die Fichten müssen hier in den letzten Jahren derart schnell verendet sein, dass man nicht mehr nachkommt, sie abzuräumen. Gut, dass diese Wälder sowieso nie wirklich unserem bevorzugten „Beutespektrum“ entsprachen und gut, dass der Schöpfer endlich eingreift, wo der Mensch es aus ökonomischen Gründen nie geschafft hat, für natürliche Unordnung zu sorgen. Der Weg über die Hundeköpfe und den Langenberg ist klasse. Auf den Wiesen sind zur rechten Zeit bestimmt zahlreiche Pflanzen zu entdecken. Reste davon, wie den letzten blühenden Thymian, Natternköpfe oder die Dornige Hauhechel, durften wir auch im Herbst noch genießen. Freundliche Wollköpfe trifft man hier oben auch oft an. Sie sorgen für den akkuraten Schnitt und das Fortbestehen der Landschaft. Wir erreichen am zweiten Naturschutzgebiet des Tages, der Gipskarstlandschaft bei Ührde, schließlich auch wieder den südlichen Ausläufer des Karstwanderweges. Eine sagenhaft schöne Gipslandschaft erwartet uns hier und ein Nationales Naturerbe, der ehemalige Truppenübungsplatz Beierfelde.

Auf dem Rötzel

Auf dem Rötzel

Da heißt es nur den Blick schweifen lassen und genießen, genießen, genießen. Trotz mancher Härte und der ein oder anderen durstigen Strecke, sind es diese für unsere Gegend einmaligen Landschaften, die den Reiz dieses Weges ausmachen. Der NABU Osterode hat diese Flächen übernommen und wird in den nächsten Jahren die Landschaft rekultivieren, die von Weiden und Wiesen und Laubmischwäldern mit parkähnlichem Charakter geprägt ist. Einfach nur geil. Als ob das nicht schon genug wäre, geht es anschließend aber noch in die Gipskarstlandschaft Hainholz, das mittlerweile dritte Naturschutzgebiet des Tages. Zentrales Element des heute erwanderten Teils dieser sagenhaften Landschaft ist der Rötzel. Den erreichen wir, indem wir hinunter zur L523 gehen und dann auf der anderen Straßenseite hinauf an der Dreckwiese. Wieder eine wunderbare Landschaft, die sich nach und nach offenbart. An ehemaligen Dolomit-Steinbrüchen vorbei, erreichen wir den kleinen, aber sehr feinen Höhenzug, der jede Menge zu bieten hat. Zur rechten Zeit blühen auf den Trockenrasen Orchideen und Enziane. Auch dieser Weg ist einer für Genießer und da er bereits das Ende der heutigen Wanderung einläutet, umso mehr. Am Ende erwartet uns unter anderem eine Baumreihe, ein kleines Waldstück und ein letzter Weg, der uns ein paar Meter hinauf geleitet zu unserem Ausgangspunkt am Hainholz.

Am Ende eines Tages...

Kurz und knapp dieses Mal, ohne große Schnörkel, ohne große Recherche. Über den Karstwanderweg gibt es viele, sehr viele, unheimlich viele Informationen auf der Website „www.karstwanderweg.de“ und auf den zahlreichen Infotafeln am Wegesrand. Dem ist von meiner Seite kaum etwas Erhellendes hinzuzufügen, sodass ich mich zumindest dieses Mal auf ein Minimum beschränken konnte. Die zweite Etappe weist einige „Härten“ auf, besonders in der ersten Hälfte, aber alles in allem ist das mit den vielen kleinen und spannenden Erlebnissen ein trotzdem lohnenswerter Abschnitt des Fernwanderweges. Die beiden Überleitungen vom südlichen zum nördlichen Teil und zurück sind ebenfalls als mindestens nett einzustufen. Erstaunlich ist es immer wieder, wie wenig Wanderern man hier begegnet. Hat der Karstwanderweg ein Imageproblem oder zieht es die meisten Leute mehr in den Ostteil, in dem die Landschaft weniger ökonomisch genutzt wird und ein großer Teil als Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz ausgewiesen ist? Wir werden sehen. Nächstes Mal geht es dann auf die dritte Etappe, die wieder in Düna starten werden und die uns nach Herzberg, Hörden und in den südlichen Teil des Naturschutzgebietes Gipskarstlandschaft Hainholz führen wird. Gerade im einsturzgefährdeten Karst gilt: Immer eine Fußbreit festen Boden unter den Füßen.

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